Gesellschaftsvertrag entspricht nicht den Anforderungen an eine stille Gesellschaft: Für den Fall, dass ein an sich wirksamer Gesellschaftsvertrag nicht den Anforderungen entspricht, die gemeinhin an eine stille Gesellschaft zu stellen sind, ist der Gesellschaftsvertrag nicht unwirksam. Zu diesen Anforderungen kann insb. die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters gehören. Darüber hinaus wären Mängel dergestalt denkbar, dass
- die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden soll oder
- dass das Geschäftsvermögen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zusteht (Blaurock in Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 11.1).
Als Rechtsfolge wäre festzuhalten, dass i.d.R. eine – wohl nach außen erkennbare – GbR vorliegt oder ggf. auch eine oHG oder KG.
Mängel, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit führen können: Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Gesellschaftsvertrag unter Voraussetzungen geschlossen wurde, die nach den Regelungen insb. im BGB zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Vertragswerks führen (können). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn
- ein Gesellschafter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig war oder,
- dass der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder
- gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt (Blaurock in Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 11.2).
Darüber hinaus sind Fallkonstellationen denkbar, die zur Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung oder des versteckten Einigungsmangels gem. § 155 BGB führen können (Blaurock in Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 11.2 m.w.N.).
Fehlerhafte Gesellschaft: Nicht jeder Fehler im Gesellschaftsvertrag muss gleich zur Nichtigkeit und rückwirkenden Nichtexistenz in Gestalt einer Rückabwicklung führen. So hat der BGH im Urteil vom 29.6.1970 entschieden, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf die typischen Formen der stillen Gesellschaft anzuwenden sind (BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5–10). Ausweislich der "Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft" erkennt die h.M. an, dass auch rechtsfehlerhaft begründete Gesellschaften als bestehende Gesellschaften angesehen werden können. Hintergrund dieser überwiegend anerkannten Lehre ist das Bedürfnis nach Verkehrsschutz einerseits und Bestandsschutz andererseits (s. hierzu u.a. Weber, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 102 ff., 159 ff.). Unter anderem könnten Dritte auf Grundlage mit einer Gesellschaft bereits Verträge geschlossen haben, sich auf den Bestand der Gesellschaft verlassen (vgl. Haack in NWB-InfoCenter v. 28.11.2022, Abschn. I) und bereits Dispositionen getroffen haben.
Beraterhinweis Bedeutung im Gesellschaftsrecht: Ist insb. die vorgeschriebene Form für die Gründung einer Gesellschaft nicht beachtet und der Formmangel nicht geheilt worden, so ist im Zweifel der ganze Gesellschaftsvertrag fehlerhaft. Bitte beachten Sie: Auch eine fehlerhafte Gesellschaft setzt zwingend einen Vertrag voraus, wenngleich dieser fehlerhaft ist (zum Inhalt eines Gesellschaftsvertrags s. unten II. 3.). Fehlt es bereits an einem Gesellschaftsvertrag, liegt eine bloße Scheingesellschaft vor. Bei der Wichtigkeit, die den formgeschützten Verträgen im Allgemeinen zukommt, wird man i.d.R. davon ausgehen müssen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre (§ 139 BGB). Um Zweifeln nach Möglichkeit aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, in den Gesellschaftsvertrag eine salvatorische Erhaltungsklausel des Inhalts aufzunehmen, dass seine Wirksamkeit im Falle der Nichtigkeit einzelner (ggf. bestimmt bezeichneter) Bestimmungen im Übrigen nicht berührt werden soll (Lamprecht in Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, 9. Aufl. 2020, Rz. 9.29).