Zugleich Besprechung des FG Münster, Urt. v. 28.9.2023 – 5 K 1404/18 U – Revision eingelegt (V R 21/23)
[Ohne Titel]
StB Marco Fuß / StB Marvin Lütkebohmert
Dieser Beitrag analysiert die Ausgabe und (Nicht-) Einlösung von sog. Erlebnisgutscheinen auf Basis des Urteils des FG Münster. Dabei werden theoretische Überlegungen zur rechtskonformen Lösung und zur praktischen Auswirkung des Urteils dargestellt. Vorab sei gesagt, dass es sich im Urteilsfall um die Streitjahre 2013 und 2014 handelt, so dass die gesetzlichen Regelungen zu Gutscheinen, welche mit Wirkung zum 1.1.2019 in Kraft getreten sind (Art. 30a, 30b MwStSystRL, ABl. Nr. L 347 v. 11.12.2006, S. 1 und § 3 Abs. 13–15 UStG) keine Anwendung finden.
I. Leitsätze (des Verfassers)
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1. Ein Steuerpflichtiger, der ein Internetportal betreibt und auf seiner Homepage verschiedene Freizeitangebote im Namen fremder Dritter präsentiert und diese in Form von Gutscheinen vertreibt, erzielt grundsätzlich steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus den Vermittlungsleistungen. |
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2. Soweit der Steuerpflichtige sog. Erlebnisgutscheine verkauft und ausgibt, erzielt er bereits zum Ausgabezeitpunkt ein Entgelt für eine von ihm erbrachte Leistung, und zwar in Höhe der jeweiligen Vermittlungsprovision. |
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3. Soweit der Steuerpflichtige sog. Wertgutscheine verkauft und ausgibt, erzielt er zum Zeitpunkt der Einlösung des jeweiligen Gutscheins ein Entgelt für eine von ihm erbrachte Leistung in Höhe der Vermittlungsprovision. Denn Verkauf und Ausgabe von Wertgutscheinen führen nicht unmittelbar zu Einnahmen im umsatzsteuerlichen Sinne, da diese Gutscheine lediglich als Zahlungsmittel fungieren. |
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4. Der Verfall nicht eingelöster Erlebnisgutscheine führt beim Vermittler zu einer Erhöhung des Entgelts für die von ihm erbrachten Leistungen, wohingegen bei Wertgutscheinen auch nach Ablauf der Einlösefrist weiterhin kein steuerbares Entgelt vorliegt. |
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5. Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, soweit die Eingangsleistungen des Steuerpflichtigen auf dessen nicht steuerbare Ausgangsumsätze durch den Verkauf und die Ausgabe von später verfallenen Wertgutscheinen entfallen. |
II. Sachverhalt
Im Folgenden wird der Sachverhalt auf die wesentlichen Punkte komprimiert dargestellt – für eine ausführliche Sachverhaltsdarstellung wird auf die ergangenen Urteile verwiesen.
Der Kläger betreibt eine Online-Plattform, über die Kunden Gutscheine für verschiedene Freizeit- und Erlebnisangebote erwerben können. Diese Gutscheine werden in zwei verschiedenen Formen angeboten: als sog. Erlebnisgutscheine für bestimmte Aktivitäten und als sog. Wertgutscheine, die einen bestimmten Geldwert haben und später für unterschiedliche Angebote eingelöst werden können. Die Erlebnisgutscheine waren jedoch nicht auf das im Gutschein beschriebene Erlebnis beschränkt; auch nach Erwerb des Gutscheins konnte noch ein anderes Erlebnis ausgewählt werden.
Einzulösen waren die Gutscheine jedoch nicht beim Kläger, sondern bei den sog. "Erlebnispartnern". In den Verträgen mit den Erlebnispartnern vereinbarte der Kläger, dass er Kunden vermittelt und zu diesem Zwecke sog. "Gutscheine" ausgeben durfte. Die Erlebnispartner verpflichteten sich, die Gutscheine als Bezahlung der von ihnen zu erbringenden Leistungen entgegenzunehmen. Auf der Internetseite des Klägers waren die Erlebnisse aufgeführt, nicht jedoch die Erlebnispartner.
Bei der Ausgabe der Gutscheine vereinnahmte der Kläger einen Geldbetrag, den die Erwerber der Gutscheine an ihn zahlten. Zivilrechtlich übertrug er ihnen ein Inhaberpapier. Eine umsatzsteuerbare Leistung wurde hier noch nicht angenommen.
Um mit dem Erlebnispartner in Kontakt zu treten, muss sowohl in den Fällen der Wertgutscheine als auch bei den Erlebnisgutscheinen zunächst mit dem Kläger Kontakt aufgenommen werden, damit dieser die Kontaktdaten des ausgewählten Erlebnispartners herausgibt.
Bei Einlösung eines Gutscheins gibt der Erlebnispartner den Gutscheincode im Internetportal des Klägers ein und erhält den Gutscheinwert abzgl. der vereinbarten Provision; in Fällen der Nichteinlösung erhält der Erlebnispartner keine Zahlung und der Kläger folglich keine Provision.
III. Entscheidung des FG
Nach dem Urteil des FG Münster hat die Klage teilweise Erfolg.
Ein Vermittler von Erlebnisleistungen, der in fremdem Namen für die jeweiligen Veranstalter dieser Erlebnisse Gutscheine vertreibt, erzielt zum Zeitpunkt der Einlösung sog. Wertgutscheine bei einem dieser Veranstalter, jeweils in Höhe der mit ihm vereinbarten Marge, steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus den Vermittlungsleistungen. Aus dem Verkauf und der Ausgabe von Wertgutscheinen, bei denen im Zeitpunkt der Ausgabe der Veranstalter, der bei Einlösun...