Das verfassungsrechtlich vorgegebene Bewertungsziel für das Grundvermögen ist der gemeine Wert (§ 177 Abs. 1 BewG). Für die Erreichung dieses Ziels ist der Rückgriff auf örtliche Marktdaten unumgänglich. Die Verwendung der erforderlichen Daten führt u.E. jedoch nur dann zu marktgerechten Ergebnissen, wenn sie modellkonform angewandt werden.
Durch die Ausgestaltung des 6. Abschnitts des BewG basieren die dem BewG zugrunde liegenden Modelle für die Bewertung des Grundvermögens weitgehend auf den die ursprüngliche ImmoWertV v. 19.5.2010 (BGBl. I 2010, 639) ergänzenden Richtlinien (VW-RL, SW-RL, EW-RL). Durch stellenweise vorgenommene Typisierungen wurden diese Modelle für die steuerliche Bewertung massentauglich gemacht. Die vom Gesetzgeber vorgenommen Typisierungen führen u.E. im Umkehrschluss nicht dazu, dass der gesetzliche Vorrang der erforderlichen Daten der Gutachterausschüsse ausgehebelt wird. Vom Grundsatz dürften lediglich solche Daten nicht zur Anwendung kommen, die nicht auf identischen Grundlagen beruhen.
Beraterhinweis Die vom Gutachterausschuss ermittelten Liegenschaftszinssätze (§ 188 BewG) und Sachwertfaktoren (§ 191 BewG) sind als weitgehend modellkonform anzusehen und i.R.d. Grundbesitzbewertung zu übernehmen, wenn der Gutachterausschuss bei der Ermittlung der Liegenschaftszinssätze (weitgehend) die Modellparameter der Anlage 2 der EW-RL (ebenso Roscher in Moench/Weinmann, Stand: 90. EL 1/2021, § 12 ErbStG, Teil II.2.1, Rz. 183) und für die Ermittlung der Sachwertfaktoren die Modellparameter der Anlage 5 zur SW-RL verwendet hat.
Die Bewirtschaftungskosten nach Anlage 1 der EW-RL sind als geeignete Erfahrungssätze i.S.d. § 187 Abs. 2 Satz 2 BewG anzusehen, wenn sie bei der Ableitung der Liegenschaftszinssätze durch den Gutachterausschuss verwendet wurden. Die Bewirtschaftungskosten der Anlage 1 sind nachvollziehbar konkretisiert und wurden den Gutachterausschüssen von der Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, der für das Gutachterausschusswesen zuständigen Ministerien der Länder sowie der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich als Erfahrungswerte empfohlen (Nr. 1 Abs. 2 EW-RL).
Die ImmoWertV-Novelle v. 14.7.2021 ist am 1.1.2022 in Kraft getreten (§ 54 ImmoWertV). Im Interesse einer einheitlichen Ermittlung der erforderlichen Daten gibt § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 12 Abs. 5 ImmoWertV die wesentlichen Modelle und Modellansätze verbindlich vor. Die Modelle entsprechen weitgehend denen der EW-RL und SW-RL und somit auch denen des BewG. Die unterschiedlichen Ansichten zur Modellkonformität zwischen dem BFH und der Finanzverwaltung werden somit zukünftig keinerlei praktische Bedeutung haben.
Beraterhinweis Die, auf Grundlage der novellierten ImmoWertV, ermittelten erforderlichen Daten sind nach Auffassung der Finanzverwaltung als geeignet anzusehen, da ihre Ermittlung weitgehend nach denselben Modellen erfolgt wie die Bewertung nach dem BewG. Nach Auffassung des BFH sind sie ebenfalls als geeignet anzusehen, da der Gutachterausschuss sich bei der Ableitung an die an ihn gerichteten Vorgaben des BauGB und der darauf beruhenden ImmoWertV gehalten hat.