Tz. 1
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Mit dem WachstumschancenG (Ges v 27.03.2024, BGBl I 2024, Nr. 108) hat der Ges-Geber die Nachveräußerungssperrfrist nach § 15 Abs 2 S 2–4 UmwStG aF neu gefasst und hierbei die bisherigen drei S durch nunmehr sechs S ersetzt (§ 15 Abs 2 S 2–7 UmwStG nF).
Die ges Neureglung wirkt im Kern rechtsprechungsbrechend in Bezug auf das BFH-Urt I R 39/18 v 11.08.2021 (BStBl II 2024, 536). Gegenstand des hier höchstrichterlich entschiedenen Rechtsstreits war die Frage, ob die Vorschrift des § 15 Abs 2 S 3 UmwStG aF einen eigenständigen Anwendungsbereich hatte. Hinsichtlich der S 3 und 4 des § 15 Abs. 2 UmwStG aF vertrat die FinVerw die Auff, dass es sich um eigenständige Vorschriften mit voneinander unabhängigen Anwendungsbereichen handelt. Praxisrelevant war diese Rechtsfrage immer dann, wenn im Nachgang einer Spaltung zwar nicht mehr als 20 % der betroffenen Anteile veräußert wurden, im konkreten Fall aber der Nachw geführt werden konnte, dass bei Spaltung bereits eine feste Veräußerungsabsicht bestanden hat und mithin die Spaltung der Vorbereitung dieser Veräußerung gedient hat (s § 15 UmwStG Tz 275).
Der BFH hat im oa Urteil v 11.08.2021 diese str Rechtsfrage dahingehend beantwortet, dass die Vorschrift des § 15 Abs 2 S 3 UmwStG aF keinen eigenständigen Anwendungsbereich habe. S zu weitergehenden Einzelheiten § 15 UmwStG Tz 277.
Die Neufassung von § 15 Abs 2 UmwStG bewirkt nun, dass die bisher von der FinVerw unter Berufung auf § 15 Abs 2 S 3 UmwStG aF aufgegriffenen Sachverhalte nach Maßgabe der Neufassung zur rückwirkenden Gewinnrealisierung (wegen Ansatz des gW) des im Zuge der Spaltung übertragenden Vermögens führen. Hierbei alleine bleibt es indes nicht. Wie nachfolgend dargestellt, ist der Anwendungsbereich der Neuregelung umfangreicher und in seinen einzelnen Rechtsfolgen komplexer.
Tz. 2
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
§ 15 UmwStG regelt die ertragstlichen Folgen der Übertragung qualifizierter Sachgesamtheiten im Wege der Spaltung von einer Kö auf eine andere Kö. Dabei verweist § 15 UmwStG im Wes auf die §§ 11 bis 13 UmwStG, die unter bestimmten Voraussetzungen entspr gelten. Die Möglichkeit der Bw-Fortführung hängt dabei insbesondere davon ab, ob ein (oder mehrere) Teilbetriebe übertragen werden und ob im Fall der Abspaltung bei der übertragenden Kö ein Teilbetrieb verbleibt.
Zur Absicherung dieser Teilbetriebsvoraussetzungen sieht § 15 Abs 2 UmwStG insgesamt drei Sperrfristen vor, bei deren Nichteinhaltung die Vermögensübertragung auf Gesellschaftsebene zwingend unter Ansatz der gW zu erfolgen hat.
Nach § 15 Abs 2 S 1 UmwStG ist eine St-Neutralität (dh Anwendung von § 11 Abs 2 UmwStG) nicht möglich, wenn innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vor dem stlichen Übertragungsstichtag sog fiktive Teilbetriebe (MU-Anteile und 100 %-Bet an KapG) durch Übertragung von WG, die kein Teilbetrieb sind, erworben oder aufgestockt worden sind. S zu Einzelheiten § 15 UmwStG Tz 181ff. Die Sperrfristregelung hat durch die Neufassung der Norm keine Änderung erfahren. § 15 Abs 2 S 1 UmwStG ist insoweit identisch geblieben.
Die zweite Sperrfrist betrifft Anteilsveräußerungen innerhalb einer Frist von fünf Jahren (sog Nachveräußerungssperrfrist). Hier ersetzt nun das WachstumschancenG die bisherigen S 2–4 durch die neu gefasst bzw eingefügten S 2–7.
Daneben begründet § 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG eine dritte Sperrfrist für den Fall einer Trennung von Gesellschafterstämmen. Hier müssen die Beteiligungen am übertragenden Rechtsträger mindestens fünf Jahre vor dem stlichen Übertragungsstichtag bestanden haben. Diese Sperrfrist ist inhaltlich unverändert geblieben, hat sich in der Fassung des § 15 Abs 2 UmwStG des WachstumschancenG nur in den S 8 verschoben.
Tz. 3
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Aus Sicht des Ges-Gebers ergaben sich aus dem Urt des BFH v 11.08.2021 (DStR 2022, 41). ungerechtfertigte Gestaltungsmöglichkeiten zur stfreien Veräußerung von Teilbetrieben (s BT-Drs 20/8628, 143), weshalb das Urt zum Anlass für eine ges-geberische Überarbeitung des § 15 Abs 2 UmwStG genommen wurde.
Ein erster Vorschlag für eine Neufassung von § 15 Abs 2 UmwStG war im RefEntw des BMF für ein WachstumschancenG vom 14.07.2023 enthalten. Dieser Vorschlag enthielt keine Ausnahme für Konzernsachverhalte und sah sich vor allem deshalb massiver Kritik ausgesetzt (s Hageböke/Witfeld, DStR 2023, 1745). Bereits die vom Bundeskabinett beschlossene Fassung des WachstumschancenG enthielt allerdings eine überarbeitete Fassung des § 15 Abs. 2 UmwStG, die insbesondere die Kritik zum Fehlen einer Konzernausnahme durch Aufnahme einer zusätzlichen Regelung (S 7 der finalen Fassung) aufnahm.
Der BT hat am 17.11.2023 in zweiter und dritter Lesung das WachstumschancenG ("Ges zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie St-Vereinfachung und St-Fairness") beschlossen. Daraufhin hat der BR am 24.11.2023 beschlossen, den Vermittlungsausschuss gem. Art. 77 Abs 2 GG anzurufen. Die Länder forderten eine grundlegende Überarbeitung de...