Tz. 6
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Liegt (drohende) rechtliche Doppelbesteuerung (s Tz 4, 5) vor, wird diese im dt StR-System entweder durch St-Anrechnung oder durch Freistellung von der inl Besteuerung vermieden. Dabei kommt eine Freistellung (vom sehr seltenen Erlass gem § 34c Abs 5 EStG abgesehen, s Tz 338 ff) nur bei Anwendbarkeit eines DBA in Betracht (s Tz 196 ff). Zur St-Anrechnung kann es hingegen kommen, wenn
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entweder ein Nicht-DBA-Fall vorliegt (kein DBA anwendbar) bzw ein solches zwar gegeben ist, aber für den konkreten Fall nicht zur Beseitigung der Doppelbesteuerung führen kann (s § 26 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG iVm § 34c Abs 6 S 4 EStG, selten, s Tz 128 ff) |
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oder wenn das anwendbare DBA die St-Anrechnung für den konkreten Fall vorsieht (s Tz 206). |
Tz. 7
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Je nach anwendbarer Vermeidungs-Methode ist die Auswirkung unterschiedlich:
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Die St-Anrechnung führt im Ergebnis dazu, dass eine verglichen mit dem dt St-Niveau ggf niedrigere ausl Besteuerung auf das dt Niveau "hochgeschleust" wird. In diesem Fall führt die Anrechnung zur Wettbewerbsgleichheit mit dt Mitbewerbern (häufig bezeichnet als "Kap-Exportneutralität"; jedoch besteht gegenüber ausl Mitbewerbern in diesem Fall ein Wettbewerbsnachteil). Keine Wettbewerbsneutralität idS tritt aber ein, wenn das ausl St-Niveau höher ist als das dt. Denn in diesem Fall verhindert die Höchstbetragsberechnung (s § 68a EStDV) die "Erstattung" (im Wege der Anrechnung) der idS "zuviel gezahlten", dh über das dt St-Niveau hinaus gezahlten ausl St (s Tz 148 ff). Unabhängig von alledem stellt die Anrechnung außerdem sicher, dass die Eink zumindest einmal besteuert werden, s nächster Punkt. |
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Die Freistellung von der inl Besteuerung führt dazu, dass die erfolgte ausl Besteuerung "definitiv" wird. Damit besteht Wettbewerbsgleichheit im Verhältnis zu ebenfalls in dem betroffenen ausl Staat besteuerten Mitbewerbern ("Kap-Importneutralität"), nicht aber zu (nur) im Inl besteuerten Konkurrenten. Die Freistellung ist im Übrigen bezogen auf die dt St-Belastung nicht automatisch vorteilhafter als die Anrechnung, s Tz 9. Nachteil der Freistellung ist außerdem aus fiskalischer und Wettbewerbs-Sicht, dass sie strukturell die Gefahr sog weißer Eink begründet; diese entstehen, wenn der ausl Staat die betr Eink ebenfalls nicht besteuert. |
Selbstredend werden die oben genannten Gleichbehandlungsziele im Einzelfall nicht immer erreicht, da sie von zahlreichen weiteren (auch nicht-stlichen) Faktoren abhängig sind, die das gesetzgeberische Ziel verwässern oder sogar vereiteln können.
Tz. 8
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Die dt Gesetzespolitik zur Frage der anzuwendenden Methode ist davon geprägt, dass das Befinden der dt Wirtschaft stark von Exporten abhängig ist. Für den Erfolg solcher Tätigkeiten ist die Wettbewerbsgleichheit mit in dem jeweiligen ausl Staat ansässigen Konkurrenten ein bedeutender Faktor. Deswegen wird in fast allen dt DBA in vergleichsweise großem Umfang die Freistellungsmethode zur Anwendung gebracht. Dies verkleinert den Anwendungsbereich der §§ 26 KStG, 34c EStG entspr (wenn auch in jüngeren DBA der Umfang der Freistellung wegen befürchteter Missbräuche bzw zur Vermeidung weißer Eink zurückgefahren wurde), s Tz 206. Im Vergleich vor allem zu außereuropäischen Industriestaaten bildet D diesbzgl eher eine Ausnahme; diese bevorzugen idR die Anrechnungsmethode (zB die USA).
Tz. 9
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Unter dem gestalterischen Gesichtspunkt der Minimierung der dt St-Belastung (als Bestandteil der internationalen Gesamt-St-Last) hängt es vom Einzelfall ab, ob die Anrechnungs- oder Freistellungsmethode zum günstigeren Ergebnis führt. Grund dafür ist, dass bei gem DBA freigestellten Eink im Inl weder ein Verlustabzug bzw Verlustvor-/-rücktrag (näher s Wassermeyer, Wassermeyer, DBA, Art 23A Rn 57) noch der Abzug von mit den freigestellten Eink zusammenhängenden BA/WK (insbes s § 3c EStG) zulässig ist. Zudem können sich die für die St-Planung entscheidenden Rahmenbedingungen von VZ zu VZ verändern. Es gibt indes im dt StR kein Wahlrecht bzgl der anwendbaren Methode; insbes kann in DBA-Fällen nicht von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode übergegangen werden (s FG Köln v 06.09.2011, EFG 2012, 445; ähnlich wohl s Roser, in Gosch, KStG, § 26 Rn 1e). Dies bedeutet keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG (s Urt des BFH 28.03.1973, BStBl II 1973, 531; v 25.02.1976, BStBl II 1976, 454; Urt v 14.07.1976, BStBl II 1977, 97). Denn es steht dem Gesetzgeber frei, den Anwendungsbereich der jeweiligen Methode zu bestimmen, wobei beide Methoden unterschiedliche Vor- und Nachteile haben und im Vergleich nicht generell eine der beiden Methoden als vor- bzw nachteilig angesehen werden kann. Diese Vor- und Nachteile dürfen, da sie sich wechselseitig als logische Konsequenzen bedingen, nur in der Gesamtschau beurteilt werden. Dies schließt es aus, dass Stpfl ohne entspr ges Regelung zur im Einzel-VZ jeweilig günstigeren Methode optieren dürfen, zumal...