Tz. 128
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Nach § 5 Abs 2a EStG sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Zur Anwendung des § 5 Abs 2a EStG hat die FinVerw mit Schr des BMF v 08.09.2006 (BStBl I 2006, 497) Stellung genommen. Eine Anwendung des § 5 Abs 2a EStG kann allerdings dadurch vermieden werden, dass eine Tilgungsmöglichkeit auch aus sonstigem freiem Vermögen (und nicht nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen oder einem evtl Liquidationsüberschuss) vereinbart wird; dazu s auch Urt des BFH v 19.08.2020 (BStBl II 2021, 279). Die Rechtslage ist insoweit identisch wie bei Darlehensgewährungen; dazu s § 8 Abs 3 KStG Teil D Tz 1127ff und s Kahle/Kopp (FR 2023, 913, 923ff).
§ 5 Abs 2a EStG und § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG weisen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf: Beiden Vorschriften ist gemein, dass sie Aussagen zur stlichen Behandlung von hybriden Finanzierungen im Grenzbereich zwischen EK und FK enthalten. Der Ansatzpunkt ist allerdings unterschiedlich: § 5 Abs 2a EStG ist eine (stliche) Bilanzierungsvorschrift, während es sich bei § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG um eine Einkommensermittlungsvorschrift handelt, die grds zu einer außerbilanziellen Korrektur führt; dazu s auch Rn 11 und 24ff des Schr des BMF v 11.04.2023 (BStBl I 2023, 672). Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass § 5 Abs 2a EStG an der Bilanzierung der Vermögenssubstanz ansetzt (Rechtsfolge: Nichtpassivierung einer Verpflichtung), während § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG auf die Nichtabzugsfähigkeit der Vergütungen für überlassenes Kap zielt ("… Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte …"). Trotz dieser unterschiedlichen Ansätze besteht allerdings natürlich eine Wechselwirkung. Liegt in Anwendung von § 5 Abs 2a EStG bil-stliches EK vor, stellt sich die Frage nach der Abzugsfähigkeit der Vergütungen; sind die Vergütungen für Genussrechte nabzf (§ 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG), stellt sich – auch – die Frage nach der Passivierung der zugrunde liegenden Verpflichtung. Während die Regelung des § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG nach ihrem Wortlaut nur Genussrechte betrifft, ist der Anwendungsbereich von § 5 Abs 2a EStG weiter, weil alle Arten von Verpflichtungen betroffen sein können (insbes auch "normale" Darlehensgewährungen; dazu s § 8 Abs 3 KStG Teil D Tz 1127ff). Überschneidungen kann es jedoch lediglich hinsichtlich von Genussrechten ergeben, so dass sich die nachfolgende Betrachtung auf Genussrechte und deren Vergütung beschränkt.
Tz. 129
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Systematisch ist § 5 Abs 2a EStG uE vorrangig vor § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG zu prüfen (Grundsatz: Gewinnermittlung 1. Stufe vor Gewinnermittlung 2. Stufe). Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist die fragliche Verpflichtung in der St-Bil als EK zu behandeln. Dies sieht auch die FinVerw so; s Rn 24ff des s Schr des BMF v 11.04.2023 (BStBl I 2023, 672). Sie ist im Anschluss – uE grds zutr und entgegen ihrer früheren Linie, wonach EK in der St-Bil nicht verzinst werden durfte – der Auff, dass die Vergütungen trotz des Passivierungsverbots des § 5 Abs 2a EStG abzf BA darstellen können. Dies gilt unabhängig davon, ob zu dem Gläubiger der Verpflichtung eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit besteht, es sich bei ihm also um einen Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Pers handelt (schließlich wurde § 5 Abs 2a EStG urspr für Verpflichtungen von Filmfonds ggü ihren Investoren und somit nicht ggü Gesellschaftern geschaffen; vgl dazu zB Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 42. Aufl, § 5 Rn 315 und BT-Drs 14/2070, 17; vor Einführung der Regelung des § 5 Abs 2a EStG hatte der BFH die gewinnwirksame Passivierung solcher Verpflichtungen zugelassen; dazu s Urt des BFH v 20.09.1995 (BStBl II 1996, 320), mit Nichtanwendungserl der FinVerw = s Schr des BMF v 25.02.2000 (BStBl I 2000, 375).
Liegen die Voraussetzungen des – vorrangigen – § 5 Abs 2a EStG vor, kann es in Anschluss aber dennoch zur Nichtabzugsfähigkeit aufgr der Anwendung von § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG auf die Genussrechtsvergütungen kommen.
Umgekehrt ist allerdings nicht immer dann ein Fall des § 5 Abs 2a EStG gegeben, wenn kstlich § 8 Abs 3 S 2, 2. Alt KStG zur Anwendung kommt. Diese Regelung führt nämlich nicht zwingend dazu, dass st-bilanzielles EK vorliegt. Es ist vielmehr denkbar, dass die Genussrechtsvergütungen unter § 8 Abs 3 S 2, 2. Alt KStG fallen, das zugrunde liegende Genussrechtskapital aber dennoch als FK zu behandeln ist. Dies sieht zwischenzeitlich auch die Fin-Verw so; dazu s Tz 124 mwNachw. Eine Maßgeblichkeit der H-Bil besteht insoweit nicht.
Selbst wenn man die Auff verträte, dass § 8 Abs 3 S 2 2. Alt KStG als (weitere) Rechtsfolge (neben der Nichtabzugsfähigkeit der Vergütungen) immer eine Behandlung der Verpflichtung als EK zur Folge hätte (dazu s aber Tz 120ff), würde sich diese Rechtsfolge – unterstellt, diese Sichtweise sei richtig – nicht aus § 5 Abs 2a EStG, sondern ...