Tz. 37
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Die Stimmenmehrheit muss bei der Übernehmerin "unmittelbar" (s § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG) gegeben sein. Maßgeblich ist also nur die Stimmberechtigung aus der eingebrachten Beteiligung zuz der Stimmen aus der zum Zeitpunkt des Anteilstauschs bei der Übernehmerin vorhandenen direkten Beteiligung an der erworbenen Gesellschaft. Die nur über die Beteiligung der Übernehmerin an einer anderen Gesellschaft vermittelte Stimmberechtigung in der erworbenen Gesellschaft reicht nicht aus (s nachfolgendes Bsp; weiteres Bsp s Behrens, in H/M, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 157). Dabei spielt keine Rolle, ob die "zwischengeschaltete" Beteiligungsgesellschaft eine Kap-Ges oder MU-Schaft ist (ebenso s Rabback, in R/H/vL, 2. Aufl, § 21 UmwStG Rn 67). Das Unmittelbarkeitserfordernis dürfte uE – ebenso wie die Beurteilung der Stimmenmehrheit nur aus der Beteiligung selbst – Ausfluss der typisierenden Betrachtung bei der Anwendung des Ges sein (s Tz 34a; zur Kritik s Behrens, in H/M, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 158).
Beispiel:
Die natürliche Pers P hat eine 40%ige Beteiligung an der T-GmbH im PV und ist zugleich Alleingesellschafter der P-Holding GmbH. Die P-Holding GmbH hält vd Beteiligungen an Kap-Ges und Pers-Ges. Zu den Beteiligungsgesellschaften gehört ua auch die 100%ige TG X-GmbH, die neben P die restlichen 60 % der Anteile an der T-GmbH besitzt. Die Beteiligungshöhe stimmt mit den Stimmrechten überein.
P will seine Beteiligung an der T-GmbH in die P-Holding GmbH iR einer Sach-Kap-Erhöhung einbringen. Die Maßnahme würde zu einer Gewinnrealisierung nach § 17 EStG führen, denn die Übertragung der Beteiligung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist ein tauschähnlicher Vorgang und somit Veräußerung iSd § 17 Abs 1 S 1 EStG. Ein stneutraler Anteilstausch lässt sich nicht auf die Vorschriften des UmwStG stützen. § 21 Abs 1 S 2 UmwStG ist nicht anwendbar, weil die Übernehmerin nicht die unmittelbare Stimmenmehrheit an der T-GmbH iSd § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG hat (lediglich 40 %). Die Holdinggesellschaft verfügt zwar nach Einbringung über sämtliche Stimmrechte in der T-GmbH; jedoch kann sie 60 % der Stimmen nur über ihre TG X- GmbH geltend machen (dh mittelbare Stimmrechtsausübung, die nicht zu einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung iSd § 21 Abs 1 S 2 UmwStG führt). Folglich gilt für den Anteilstausch § 21 Abs 1 S 1 UmwStG, der zum Ansatz des gW zwingt, der für P als Veräußerungspreis iSd § 17 Abs 1 S 1 EStG gilt (s § 21 Abs 2 S 1 UmwStG).
Abwandlung:
Die Einbringung der Anteile an der T-GmbH durch P in die X-GmbH gegen Ausgabe neuer Anteile würde hingegen eine Sacheinlage nach § 21 Abs 1 S 2 UmwStG darstellen, weil die X-GmbH als Übernehmerin in diesem Fall 100 % der Stimmrechte an der erworbenen Kap-Ges unmittelbar hält.
Der Anteilstausch kann im Anwendungsbereich des § 21 UmwStG auch ohne zivilrechtlichen AE-Wechsel durch Übertragung des wirtsch Eigentums an der Beteiligung an einer Kap-Ges erfolgen (s Tz 4). Ist der Treugeber an den Anteilen an einer Kap-Ges als wirtsch Eigentümer anzusehen und überträgt dieser seine Treugeberstellung auf eine andere Kap-Ges/Gen unter Beibehaltung des Treuhandverhältnisses, ist die Berechtigung der Stimmrechtsausübung für Zwecke des § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG unmittelbar der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen (zutr s Forst/Schaaf/Reichhardt, EStB 2010, 390; aA s Schmitt, S/H/S, 8. Aufl, § 21 UmwStG Rn 54, der hier nur auf das Gesellschaftsrecht abstellt). Anders als bei der mittelbaren Stimmrechtsmöglichkeit über die Beteiligung der Übernehmerin an einem anderen Steuersubjekt unter Beachtung deren gesellschaftsvertraglicher Organisation erfolgt für ertragstliche Zwecke bei der übernehmenden Gesellschaft eine unmittelbare Zurechnung der Beteiligung und damit auch der Bestimmung über die Stimmrechte aus dieser erworbenen Gesellschaft (s § 39 Abs 2 Nr 1 S 2 AO). Maßgebendes Merkmal der Stellung des Treugebers als wirtsch Eigentümer ist nämlich das Weisungsrecht an den Treuhänder, die Stimmrechte eben nicht aus eigener Willensbildung, sondern nach Vorgabe des Treugebers auszuüben. Gleiches gilt, wenn der Anteil an einer vermögensverwaltenden (und nicht gew geprägten) Pers-Ges, die Beteiligungen an Kap-Ges hält, eingebracht wird (stlich: Anteilstausch, s Tz 4a; zutr s Schaaf/Hannweber, GmbH-StB 2016, 139).