Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 59
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Dieser Fall des Direktzugriffs ist in § 27 Abs 1 S 3 KStG geregelt. Es geht um eine Nenn-Kap-Herabsetzung unter Auskehrung an die AE, wobei entweder ein Sonderausweis iSd § 28 Abs 1 S 3 KStG nicht vorhanden ist oder der Rückzahlungsbetrag diesen übersteigt. Nach § 28 Abs 2 S 1 Hs 2 KStG ist der Betrag, um den das Nenn-Kap herabgesetzt wird, in einem ersten Schritt dem Einlagekto zuzurechnen und anschließend ist gem § 28 Abs 2 S 3 KStG in einem zweiten Schritt der den Sonderausweis übersteigende Betrag der Nenn-Kap-Rückzahlung wieder vom Einlagekto abzuziehen. Dieser Weg erlaubt in der Praxis – über den Umweg einer Nenn-Kap- Erhöhung mit anschließender Nenn-Kap-Herabsetzung – den Direktzugriff auf die in einer Kap-Rücklage ausgewiesenen Einlagen (s Tz 46). Ott (DStR 2017, 1505, 1508) bezeichnet diese Wirkung als "Entsperrung" des stlichen Einlagekto. Ott weist zutr darauf hin, dass eine solche "Entsperrung" mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, da sowohl die Kap-Erhöhung als auch die Kap-Herabsetzung als satzungsändernde Maßnahmen einen notariell zu beurkundenden Gesellschafterbeschl erfordern.
Der Grundfall des § 27 Abs 1 S 3 KStG iVm § 28 Abs 2 S 3 KStG ist der, dass zunächst Einzahlungen in das Nenn-Kap geleistet werden oder das Nenn-Kap durch die Umwandlung einer Kap-Rücklage erhöht wird (§ 28 Abs 1 S 1 KStG) und dann in einem späteren Jahr das Nenn-Kap herabgesetzt und an die AE zurückgezahlt wird. Es gibt keine zeitliche Vorgabe bezüglich der Kap-Herabsetzung. Der Zeitpunkt der Kap-Herabsetzung kann Jahre nach dem Zeitpunkt der Kap-Erhöhung liegen.
§ 27 Abs 1 S 3 KStG iVm § 28 Abs 2 S 3 KStG erlauben einen Direktzugriff auf das Einlagekto nur insoweit, als dieses aus der Kap-Herabsetzung entstanden ist (s § 28 Abs 2 S 1 KStG). Dh bei der Verwendung "normaler" Kap-Rücklagen zur Finanzierung einer Auskehrung gilt die Grundregel des § 27 Abs 1 S 3 KStG.
Wie bei § 28 KStG Tz 84 ausgeführt, betrifft diese "Umleitung" des zurückgezahlten Nenn-Kap über das stliche Einlagekto jede Nenn-Kap-Rückzahlung, also sowohl die Bestandteile, die der Kö bei Gründung oder iR einer Kap-Erhöhung durch Einzahlungen der AE zugeführt worden sind ("echtes" Nenn-Kap) als auch Beträge, die iR einer vorangegangenen Kap-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem § 28 Abs 1 S 1 KStG als aus dem stlichen Einlagekto entnommen galten (so auch s das zu § 27 Abs 8 KStG ergangene Schr des BMF v 04.04.2016, BStBl I 2016, 468, Rn 2). Von Bedeutung ist das insbes für die Anwendung des § 27 Abs 8 KStG (s Tz 277ff).
Ob eine Nenn-Kap-Rückzahlung vorliegt, hängt nicht von der in § 27 Abs 1 S 3 KStG geregelten Verwendungsreihenfolge ab, sondern ergibt sich aus dem Kap-Herabsetzungsbeschluss (s Binnewies/Stenert, GmbH-StB 2017 ,189, 195).
UE kann es nicht vorkommen, dass die Verringerung des Einlagekto bei einer Kap-Herabsetzung dessen Mehrung aus einer vorangegangenen Kap-Erhöhung übersteigt. § 28 Abs 2 S 3 KStG untersagt das Negativwerden des Einlagekto (s Tz 59d).
Tz. 59a
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
UE ist ein Direktzugriff auf das stliche Einlagekto nach § 27 Abs 1 S 3 iVm § 28 Abs 2 S 3 KStG auch anzuerkennen, wenn der Beschl über die Erhöhung und über die Herabsetzung des Nenn-Kap in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgen, denn § 28 Abs 2 S 3 KStG gibt keinen zeitlichen Rahmen vor (s Tz 59). GlA s Stimpel (in R/H/N, 2. Aufl, § 27 KStG Rn 99). Wegen der betragsmäßig identischen Verringerung und anschließenden Erhöhung des Einlagekto ergibt sich daraus kein St-Vorteil.
Was uE unter Hinw auf die Rspr des BFH (s Urt des BFH v 30.01.2013, BStBl II 2013, 560; und v 19.07.2017, BFH/NV 2018, 237; dazu auch s Tz 44) stlich nicht anzuerkennen ist, ist die Verrechnung einer im selben Wj erbrachten Leistung mit dem unterjährigen Zugang zum stlichen Einlagekto auf Grund der Kap-Herabsetzung. Dazu auch s Urt des FG Köln v 25.08.2015 (EFG 2015, 2218).
Tz. 59b
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Fraglich ist, ob § 27 Abs 1 S 3 KStG iVm § 28 Abs 2 S 3 KStG auch anzuwenden ist, wenn in dem Beschl über die Herabsetzung des Nenn-Kap eine Auszahlung an die AE nicht vorgesehen war und der Herabsetzungsbetrag zunächst in die Kap-Rücklage eingestellt wurde (= Zugang im Einlagekto), jedoch in einem zeitlich nachgelagerten Schritt die Auflösung der Kap-Rücklage unter Rückzahlung an die AE beschlossen worden ist. Nach dem Urt des FG HH v 17.04.2013 (EFG 2013, 1520) ist das nicht der Fall; danach beruht die nachgelagerte Auskehrung nicht auf dem Kap-Herabsetzungsbeschl, sondern auf dem Beschl über die Auflösung der Kap-Rücklage.
Wg der Abgrenzung einer Auskehrung aus dem stlichen Einlagekto nach § 27 KStG von einer Nenn-Kap-Rückzahlung nach § 28 Abs 2 KStG auch s Urt des BFH v 21.10.2014 (BStBl II 2016, 411). In dem Urt-Sachverhalt wurde durch Beschl v 19.10.2006 das Nenn-Kap iHv 17 Mio EUR um 16 Mio EUR auf 1 Mio EUR herabgesetzt, wobei der Herabsetzungsbetrag in die Kap-Rücklage eingestellt wurde. Weil sich herausstellte, dass eine Kap-Herabsetzung iH...