Ewald Dötsch, Alexandra Pung
3.1 Allgemeines
Tz. 19
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Es bedurfte mehrerer gesetzgeberischer Anläufe, dem § 15 S 1 Nr 2 KStG seine heutige Fassung zu geben. Die Vorgängervorschrift des heutigen § 15 S 1 Nr 2 KStG war der durch das StMBG eingefügte und durch das StBereinG 1999 geänderte § 15 KStG aF.
IRd Systemwechsels vom kstlichen Anrechnungs- zum Halb-Eink-Verfahren übernahm das StSenkG den früheren § 15 KStG zunächst unverändert. Im UntStFG wurde der (missglückte) Versuch unternommen, den § 15 KStG verspätet an die durch das Halb-Eink-Verfahren eingeführten Rechtsänderungen anzupassen. Erst das StVergAbG brachte die erforderlichen Reparaturen. Durch das sog Korb II-Ges ergeben sich Folgeänderungen wegen § 3c EStG (krit dazu s Heurung/Werheim/Adrian, BB 2004, 465). Durch das SEStEG wurde § 15 S 1 Nr 2 KStG an das geänderte UmwStG angepasst. Durch das JStG 2009 wurde § 15 S 1 Nr 2 KStG um einen S 3 erweitert, wonach die sog Bruttomethode nicht gilt, soweit bei der OG § 8b Abs 7, 8 oder 10 KStG anzuwenden ist (dazu s Tz 38ff). Durch das Ges v 21.03.2013 (BGBl I 2013, 561) zur Umsetzung des EuGH-Urt v 20.10.2011 in der Rs C-284/09 wurde § 15 S 1 Nr 2 KStG um einen S 4 erweitert, der die Anwendung des durch dieses Ges eingefügten § 8b Abs 4 KStG regelt (dazu s Tz 49ff). Durch das Ges zur weiteren stlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer stlicher Vorschriften wurden § 15 S 1 Nr 2 S 1 und 2 KStG geändert, so dass zukünftig auch der Übernahmegewinn/-verlust iSd § 12 Abs 2 UmwStG von der Bruttomethode erfasst wird (dazu s Tz 64ff).
Krit wegen der materiellen Auswirkungen der Bruttomethode s Prinz (FR 2003, 708). Nach Auff von Kempf/Gelsdorf (IStR 2011, 173, 178) verstößt die Nichtanwendung der in § 15 S 1 Nr 2 KStG genannten StBefreiungen bei der Ermittlung des Organeinkommens gegen EU-Recht.
3.2 Die Bruttomethode
Tz. 20
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Für den Regelungsinhalt des § 15 S 1 Nr 2 KStG (und auch für den des nachträglich wieder eingefügten § 15 S 2 KStG; dazu s Tz 103ff) hat sich die Bezeichnung "Bruttomethode" eingebürgert. Was damit gesagt werden soll, ist Folgendes: Für die Einkommensermittlung der OG gilt, da die OG zwingend eine Kap-Ges sein muss, stets KSt-Recht. Für die Einkommensermittlung des OT (bzw seiner MU) kann, da OT neben einer Kö auch eine Pers-Ges oder eine natürliche Person sein kann, sowohl KSt- als auch ESt-Recht gelten.
Bei den in § 15 S 1 Nr 2 (und S 2) KStG genannten Ges-Vorschriften besteht die Besonderheit, dass es sich dabei um Vorschriften handelt, die nur von Kö in Anspruch genommen werden dürfen (insbes § 8b KStG, § 4 Abs 6 S 1 und § 12 Abs 2 S 1 UmwStG, DBA-Schachtelprivileg). Gäbe es keine Sonderregelung im Ges, könnte eine OT-Pers-Ges (mit natürlichen Personen als MU) oder eine natürliche Person als OT über die Zurechnung eines Organeinkommens, bei dessen Ermittlung die oa Vorschriften bereits angewendet worden sind, in den Genuss von St-Vergünstigungen gelangen, die ihr nach ihrer Rechtsform nicht zustehen.
§ 15 S 1 Nr 2 S 1 (und S 2) KStG verhindert das dadurch, dass die dort genannten Vorschriften bei der Einkommensermittlung der OG nicht angewendet werden dürfen. Ergänzend dazu bestimmt § 15 S 1 Nr 2 S 2 (und S 2) KStG, dass die genannten Vorschriften bei der Ermittlung des Einkommens des OT anzuwenden sind. Der Ges-Wortlaut ist so zu verstehen, dass die genannten Vorschriften bei dem OT nur dann anzuwenden sind, wenn bei ihm kraft seiner Rechtsform die jeweiligen Vorschriften anwendbar sind. Ist der OT eine natürliche Person, sind bei ihm Dividenden bzw ein Übernahmegewinn nicht nach § 8b Abs 1 KStG stfrei, sondern nach § 3 Nr 40 Buchst d EStG zu 60 % (bis VZ 2008: hälftig) stpfl.
Gäbe es in D (wie in Österreich) nur Organkreise mit Kö als OT, wären die Regelungen des § 15 S 1 Nr 2 und S 2 KStG entbehrlich (s Dötsch, in FS Herzig, 2010, 243, 245).
Über Vermögensmehrungen, Vermögensminderungen und BA, deren stliche Behandlung nicht von der Rechtsform des OT abhängt, wird endgültig bei der Ermittlung des dem OT zuzurechnenden Organeinkommens entschieden. Dazu gehören insbes die nach § 4 Abs 5 EStG nabzb BA und die nach DBA stfreien Gewinne aus einer ausl BetrSt der OG. Ebenso s Frotscher (in F/D, § 15 KStG Rn 49), s Walter (in B/W, § 15 KStG Rn 43), s Rödder/Liekenbrock (in R/H/N, 2. Aufl, § 15 KStG Rn 61) und s Dallwitz (in Sch/F, 2. Aufl, § 15 KStG Rn 143). Weiter s Tz 112.
§ 15 S 1 Nr 2 S 1 KStG ist nach uE zutr Auff des FG Nds (s Urt des FG Nds v 22.09.2022, EFG 2023, 339, Rev-Az: IV R 29/22) europarechtskonform und verstößt nicht gegen die MT-RiLi.
Tz. 21
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Die sog Bruttomethode bewirkt, dass sich die stliche Behandlung der bei der OG angefallenen Dividendenerträge, der Gewinne bzw Verluste aus der Veräußerung von Kap-Beteiligungen, des Übernahmegewinns iSd § 12 Abs 2 UmwStG sowie der dort angefallenen Ausgaben iSv § 8b Abs 5 KStG und § 3c Abs 2 EStG im Ergebnis danach richtet, ob diese Bezüge, Gewinne oder Gewinnminderungen auf der obersten Beteiligungsstufe (bezoge...