Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 249
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Finanzielle Eingliederung bedeutet nach § 14 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1 KStG, dass der OT an der OG in einem solchen Maße beteiligt sein muss, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der OG zusteht. Hiernach ist zunächst Voraussetzung, dass der OT an der OG beteiligt ist. Die Stimmrechte müssen dem OT selbst zuzurechnen sein; die Zurechnung zu Angehörigen oder nahestehenden Personen reicht nicht aus.
Tz. 250
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Maßgebend für das Bestehen einer Beteiligung ist nach § 39 Abs 2 Nr 1 AO nicht das bürgerlich-rechtliche, sondern das wirtsch Eigentum (s Walter, DK 2013, 472 und s Neumann, in Gosch, 4. Aufl, § 14 KStG Rn 128), so dass als OT in Betracht kommt:
- bei einem wirksamen Treuhandverhältnis idR der Treugeber (anders jedoch, wenn dem Treuhänder im Einzelfall die Stimmrechtsausübung zusteht, s Neumann, in Gosch, 4. Aufl, § 14 KStG Rn 133). Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses an einem GmbH-Anteil der notariellen Beurkundung nach § 15 GmbHG (s Urt des Hess FG v 03.04.1985, EFG 1985, 557 mwHinw);
- beim Sicherungseigentum der Sicherungsgeber und
- beim Eigenbesitz der Eigenbesitzer.
Ebenfalls hierzu s § 8b KStG Tz 150.
Tz. 251
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Bei Verpfändung, beim Nießbrauch, bei Wertpapierleih- und bei Pensionsgeschäften kommt es darauf an, wem die Anteile stlich zuzurechnen sind (ebenso hierzu s Frotscher, in F/D, § 14 KStG Rn 222ff). Das FG HH (s Urt des FG HH v 06.12.1985, EFG 1986, 415) hat entschieden, dass ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht zur Begr der finanziellen Eingliederung ausreicht, wenn damit nicht auch die Stimmrechte verschafft werden.
Tz. 252
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Dem OT müssen aus den ihm zuzurechnenden Anteilen auch die Stimmrechte zustehen. Stehen in Fällen des wirtsch Eigentums an den Anteilen die Stimmrechte wirtsch nicht dem wirtsch Eigentümer, sondern dem anderen Partner zu, kann keiner der beiden OT sein. Insbes bei Sicherungseigentum, Verpfändung, Nießbrauch und Pensionsgeschäften kommt diese Fallgestaltung gelegentlich vor (dazu auch s Rödder/Liekenbrock, in R/H/N, § 14 KStG Rn 198, 199).
Tz. 253
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Seit der Neufassung des § 16 Abs 1 GmbHG durch das MoMiG gilt im Fall eines Gesellschafterwechsels nur derjenige im Verhältnis zur Gesellschaft als Anteilsinhaber, der als solcher in der Gesellschafterliste eingetragen ist. Von dieser sog Legitimationswirkung der Gesellschafterliste hängt seitdem ua auch die Wirksamkeit der Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung ab. UE ist Stadler/Bindl (GmbHR 2010, 412) darin zuzustimmen, dass diese Ges-Änderung keine Auswirkungen auf das zeitliche Vorliegen einer finanziellen Eingliederung iSd § 14 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG hat. Ebenso s Frotscher (in F/D, § 14 KStG Rn 218), da die Gesellschafterliste keinen Einfluss auf das wirtsch bzw rechtliche Eigentum an den Anteilen oder auf die Zuordnung der Stimmrechte hat.
Tz. 254
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Maßgeblich für die finanzielle Eingliederung ist die Höhe des Stimmrechts iSd § 12 AktG, nicht die der Beteiligung am Nenn-Kap. Die Mehrheit der Stimmrechte steht dem OT zu, wenn er in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung seinen Willen bei allg Beschl (nicht bei Sondertatbeständen wie Satzungsänderung, Umwandlung, Verschmelzung usw) durchsetzen kann. Hierzu genügt idR die einfache Mehrheit, also mehr als 50 % der Stimmen (s § 133 Abs 1 AktG, § 47 Abs 1 GmbHG; ebenso hierzu s Lohr, GmbH-StB 2007, 387). Zu Fragen der Beherrschung einer GmbH durch Stimmenmehrheit s GmbH-Report (GmbHR 1987, R 93). Das gilt auch, wenn kraft Ges oder Satzung für einzelne Beschl eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Ebenso s Urt des BFH v 09.08.2023 (BStBl II 2024, 131 Rn 26) für außerordentliche Beschl (zB Satzungsänderungen oder Umwandlungen). Ist dagegen lt Satzung der OG generell oder ganz überwiegend für deren Beschl eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, muss der OT für die finanzielle Beherrschung auch über diese qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen. So die ständige Rspr des V. Senats des BFH zur ustlichen Organschaft (s Urt des BFH v 22.11.2001, BStBl II 2002, 167; s Urt des BFH v 19.05.2005, BStBl II 2005, 671; s Urt des BFH v 22.04.2010, BStBl II 2011, 597; s Urt des BFH v 01.12.2010, BStBl II 2011, 600; s Urt des BFH v 02.12.2015, BStBl II 2017, 547 und s Urt des BFH v 15.12.2016, BStBl II 2017, 600) und das zur kstlichen Organschaft ergangene Urt des BFH (s Urt des BFH v 09.08.2023, BStBl II 2024, 131). Ebenfalls hierzu s Pfirrmann (BFH/PR 2024, 78), s Schimmele (GmbH-StB 2024, 67) und s Pflüger (GStB 2024, 43). Zur Vorinstanz auch s Rode (FR 2021, 151). Weiter s Brühl/Weiss (Ubg 2021, 198).
Ist für die Gesellschafter-Beschl tw die einfache, tw eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, muss nach dem Gesamtbild der Verhältnisse entschieden werden, ob die vorhandenen Stimmrechte dazu ausreichen, dass der OT im W...