Thomas Stimpel, Ewald Dötsch
Tz. 49
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Der Übernahmegewinn/-verlust ist in § 12 Abs 2 S 1 UmwStG als Rechengröße definiert, die sich aus der Saldierung der beiden Vergleichsgrößen "Wert der übergegangenen WG" und "Bw der (wegfallenden) Anteile" ergibt. Die erstgenannte Vergleichsgröße weist immer einen Betrag aus. Die zweitgenannte Vergleichsgröße kann einen Wert ausweisen, sie muss es aber nicht. Anders als § 4 Abs 4 S 3 UmwStG unterscheidet § 12 Abs 2 S 1 UmwStG nicht danach, ob und ggf in welchem Umfang die übernehmende an der übertragenden Kö beteiligt ist.
Daraus ergibt sich die Frage, ob § 12 Abs 2 S 1 UmwStG nur auf die Aufwärtsverschmelzung einer TG auf ihre zu 100 % beteiligte MG anzuwenden ist oder auch auf Verschmelzungen, bei denen die übernehmende Kö nicht oder nicht zu 100 % an der überragenden Kö beteiligt ist. Eine Beteiligung der übernehmenden an der übertragenden Kö existiert insbes nicht bei der Abwärtsverschmelzung der MG auf ihre TG sowie bei der Seitwärtsverschmelzung von SchwGes, ebenso nicht bei einer Verschmelzung zur Neugründung. Bei der Aufwärtsverschmelzung der TG auf die MG kann die (wegfallende) Beteiligung der MG auch geringer als 100 % sein.
Die Auswirkung der Anwendung von § 12 Abs 2 S 1 UmwStG besteht einerseits in der Nichtabziehbarkeit von Umwandlungskosten (diese sind Bestandteil des Übernahmeergebnisses, s Tz 54–58a) und anderseits in der Nichteinschlägigkeit der Einlagegrundätze (kein Zugang zum stlichen Einlagekto).
Tz. 50
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Nach Verw-Auff (s UmwSt-Erl 2011 Rn 12.05) und BFH-Rechtspr (s Urt des BFH v 09.01.2013, BStBl II 2018, 509) ist § 12 Abs 2 S 1 UmwStG unabhängig von der Beteiligungshöhe in allen Fällen der Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärtsverschmelzung anzuwenden. In diesem Sinne auch s Urt des FG Münster v 16.01.2020 (BB 2020, 1198).
In dem o. a. Urt v 09.01.2013 hat der BFH entschieden, dass ein Übernahmeergebnis iSd § 12 Abs 2 S 1 UmwStG auf den stlichen Übertragungsstichtag nicht nur im Fall der Aufwärtsspaltung, sondern auch in den Fällen der Abwärts- und der Seitwärtsspaltung zu ermitteln ist. Für die Verschmelzung kann nichts Anderes gelten. Nach der Urt-Begr lässt sich die Vorschrift des § 12 Abs 2 S 1 UmwStG als Beschreibung eines bloßen Rechenvorgangs verstehen, für den der (wegfallende) Bw bei fehlender Beteiligung der Übernehmerin an der Überträgerin eben mit Null anzusetzen sei. Bei anderer Lesart, so der BFH, habe § 12 Abs 2 S 2 UmwStG, der die Anwendung des § 8b KStG anordnet, entgegen dem Willen des Ges-Gebers im Wesentlichen nur eine wiederholende und deklaratorische Bedeutung. Gegen das diese Auff bestätigende Urt des FG Münster v 16.01.2020 (EFG 2020, 749) ist unter dem Az I R 15/20 ein neuerliches Rev-Verf anhängig.
Schließlich führt der BFH in der Urt-Begr noch aus, dass das UmwStG für die einbezogenen Umwandlungsvorgänge einen eigenständigen und sonderges Rechtskreis geschaffen hat, der den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften abschließend vorgeht. Würde ein nicht beteiligungsangebundener – aber gleichwohl dem UmwStG unterfallender – Umwandlungsvorgang tatbestandlich nicht von § 12 Abs 2 S 1 UmwStG erfasst, gelange man, so der BFH, zwangsläufig zu der allg Ansatzregelung des § 12 Abs 1 UmwStG, was zur Konsequenz hätte, dass der hiernach zu berechnende Umwandlungsgewinn insges stpfl wäre. Die Einlageregeln (§ 4 Abs 1 S 1 und 7 EStG iVm § 8 Abs 1 KStG) blieben dann wegen der vorrangig zu beachtenden umwstlichen Regeln unanwendbar. Ein Nebeneinander von Umwandlungs- und Einlageregeln komme nicht in Betracht (so bereits Urt des BFH v 12.10.2011, BStBl II 2012, 445 bzgl der Verneinung einer gewinnrealisierenden Entnahme bei der unentgeltlichen Übertragung von im BV gehaltener einbringungsgeborener Anteile).
Tz. 51
Stand: EL 101 – ET: 03/2021
Damit hat sich die in der stlichen Lit vorherrschende abw Meinung nicht durchsetzen können (s Perwein, GmbHR 2008, 747; s Wisniewski, in H/M, 5. Aufl, § 12 UmwStG Rn 37; s Frotscher, in F/D, § 12 UmwStG Rn 46ff; s Schmitt, in S/H/S, 9. Aufl, § 12 UmwStG Rn 41ff; s Rödder, in R/H/vL, 3. Aufl, § 12 UmwStG Rn 216; s Klingberg, in Blümich, § 12 UmwStG Rn 21ff).. Nach dieser hM umfasst der Gewinn iSd § 12 Abs 2 S 1 UmwStG sowohl einen Übernahmegewinn im engeren Sinne (entfällt auf die Beteiligung der Übernehmerin an der Überträgerin) als auch einen Agiogewinn (soweit keine Beteiligung vorliegt). Danach sind trotz der einheitlichen Gewinnermittlung diese beiden Gewinne zu trennen, da nach § 12 Abs 2 S 2 UmwStG für den Übernahmegewinn im engeren Sinne eine andere ges Regelung als für den Agiogewinn gilt (s Frotscher, in F/D § 12 UmwStG Rn 26; weiter s Rödder, in R/H/vL, 3. Aufl, § 12 UmwStG Rn 216).
Beispiel:
Die A-GmbH ist zu 50 % an der B-GmbH beteiligt. Die B-Beteiligung steht bei der A-GmbH mit 100 zu Buche. Das BV der B-GmbH lt St-Bil beträgt 150. Die B-GmbH wird auf die A-GmbH verschmolzen. Nach § 12 Abs 2 S 1 UmwStG ergibt sich ein Übernahmegewinn von 50. Würde man mit der hM zwischen Agiogew...