3.5.4.1 Kapitalverwaltungsgesellschaften und Investmentvermögen
Tz. 50
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Die in der Praxis bedeutsamste, ges geregelte Form "anderer Zweckvermögen" iSd § 1 Abs 1 Nr 5 KStG sind die Investmentvermögen nach § 1 KAGB. Dies sind die von Kap-Verwaltungsgesellschaften (KVG) verwalteten Sondervermögen und Investment-AG. KVG dürfen nach § 18 KAGB nur als AktG, GmbH oder GmbH & Co KG betrieben werden und müssen Sitz und Hauptverwaltung im Inl haben. Dem folgt, dass es sich bei ihnen mit Ausnahme der KG um Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG handelt. Die KVG selbst unterliegt somit kraft Rechtsform der unbeschr KStPflicht nach § 1 Abs 1 Nr 1 KStG.
Für die inl Sondervermögen ergab sich bis einschl VZ 2017 die unbeschr KStPflicht nach § 1 Abs 1 Nr 5 KStG aus § 11 Abs 1 S 1 InvStG 2004, wobei diese nach § 11 Abs 1 S 2 u 3 InvStG 2004 von der KSt und der GewSt befreit waren. Ausl Investmentvermögen des Vertragstyps qualifizieren nach Auff der FinVerw ebenfalls als Zweckvermögen iSd § 1 Abs 1 Nr 5 KStG und können demzufolge beschr kstpfl nach § 2 KStG sein. Diese Sichtweise wurde vom BFH mit Urt v 11.10.2023 (BFH/NV 2024, 462) bestätigt. Allerdings ist in diesen Fällen die pers St-Befreiung nach § 11 Abs 1 S 2 u 3 InvStG 2004 mittels geltungserhaltender Reduktion des nationalen StR aufgr des Verstoßes gegen die Kap-Verkehrsfreiheit ebenfalls zu gewähren.
Nach ges Klarstellung im Zuge der InvestmentSt-Reform (InvStRefG v 19.07.2016, BGBl I 2016, 1730) gelten gem § 6 Abs 1 InvStG nunmehr mit Wirkung ab VZ 2018 inl Investmentfonds iSd § 1 Abs 2 InvStG 2018 als Zweckvermögen nach § 1 Abs 1 Nr 5 KStG und ausl Investmentfonds als Vermögensmassen nach § 2 Nr 1 KStG. Die sachl StPflicht ergibt sich für Investmentfonds aus § 6 Abs 2 InvStG, wobei eine St-Befreiung aufgr st-begünstigter Anleger nach §§ 8, 10 InvStG möglich ist.
3.5.4.2 Sonstige Zweckvermögen
Tz. 51
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Neben den Sondervermögen der KVG als Zweckvermögen besonderer Art gibt es in der Praxis noch Zweckvermögen in vielfältigster Form, zB als Sammelvermögen (s § 1883 BGB) zur Unterstützung Notleidender, zur Renovierung von Kirchen oder sonstiger Kulturgüter, als Wohltätigkeitsfonds, als Förderungsfonds oder Werbefonds einer Gemeinschaft von Kaufleuten oder als sog Betriebsfonds bei Erzeugerorganisationen im Bereich der Landwirtschaft (s Schr des BMF v 13.06.1997, StEK Nr 45 zu § 1 KStG). Auch ein Grabpflegekonto kann sonstiges Zweckvermögen sein (s Vfg der OFD Rheinland v 20.03.2012, S 2400–1035- St 222).
Demggü kein Zweckvermögen sind zB die Insolvenzmasse, weil die Eink hieraus dem Gesamtschuldner zuzurechnen sind (s Urt des BFH v 07.11.1963, BStBl III 1964, 70) und der Nachlass (s Urt des BFH v 29.11.1995, BStBl II 1996, 322). Eine Erbmasse kann sich allerdings ausnahmsweise als Zweckvermögen darstellen, wenn längere Zeit nicht absehbar ist, ob und wann Erben zur Besteuerung herangezogen werden können (s RFH v 02.08.1940, RStBl 1940, 918).
Die Abgrenzung des "Zweckvermögens" vom Vermögen einer Pers-Ges oder einer natürlichen Pers kann im Einzelfall schwierig sein. Der Hauptunterschied liegt darin, dass das Zweckvermögen in erster Linie eine (verwaltete) Vermögensmasse mit Zweckbindung darstellt. Entsch ist dabei, dass das Zweckvermögen aus der Vermögenssphäre des Widmenden ausgeschieden ist (s Urt des FG Rh-Pf v 26.03.1996, EFG 1996, 1117). Die Zweckbindung muss so festgelegt sein, dass deren Aufhebung durch den Widmer nicht möglich ist (s Urt des FG München v 28.05.1999, EFG 1999, 1096). Außerdem muss die Verfügung über das Zweckvermögen organisatorisch (eigene Handlungsorgane) und wirtsch verselbständigt sein. Adressat von Verwaltungsakten bzgl Zweckvermögen ist stets das Zweckvermögen selbst, nicht hingegen dessen Treuhänder/Träger (s BFH v 31.01.2007, BFH/NV 2007, 1069).