Tz. 44
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Vordergründig wirkt sich die Rspr des BFH zum Überspringen stiller Reserven bei Kap-Erhöhung (s Tz 39ff) für den AE vorteilhaft aus, da die (endgültige) Realisierung und Versteuerung stiller Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen durch Mitverstrickung anderer Anteile weiter in die Zukunft verschoben wird. Bei einem Wertanstieg der Anteile ab der "Infizierung" iSd § 21 UmwStG können sich auf lange Sicht jedoch Nachteile ergeben, weil auch die nach Kap-Erhöhung angewachsenen stillen Reserven bezogen auf die nach § 21 UmwStG "infizierten" Anteile der St-Verstrickung nach § 21 UmwStG unterliegen und somit der Umfang des Gewinns aus einbringungsgeborenen Anteilen vergrößert wird (s Fratz, DStR 1993, 47; s Patt, DStR 1993, 600). Zutr weist Widmann (s Widmann, in W/M, § 21 UmwStG [Anh 15] Rn 50) darauf hin, dass es sich hierbei allerdings um einen systemimmanenten Effekt des § 21 UmwStG handelt (ebenso s Tz 67). Im Übrigen dürften nach Absenkung der "Wesentlichkeitsgrenze" des § 17 EStG auf 1 % ab 2002 nahezu alle Beteiligungen an Kap-Ges st-verstrickt sein, so dass die von einbringungsgeborenen Anteilen abgespaltenen stillen Reserven in den bereicherten Anteilen auch ohne Anwendung des § 21 UmwStG st-verstrickt wären. Allerdings ergeben sich grundlegende Unterschiede hinsichtlich der Realisationstatbestände und in der Anwendung des sog Halbeink-Verfahrens oder bei § 8b KStG je nachdem ob und inwieweit die Anteile nach § 21 UmwStG st-verstrickt sind oder nicht (s Tz 86 in Bsp 2).
Die Rspr des BFH zur Infektionstheorie (s Tz 39ff) eröffnet der FinVerw die Möglichkeit, die in festsetzungsverjährter Zeit nicht registrierten Fälle der Abspaltung stiller Reserven bei Vorhandensein einbringungsgeborener Anteile nachträglich iRd Besteuerung der infizierten Anteile zu realisieren (s Patt, DStR 1993, 600 und DStR 1996, 361). Einbringungsgeborene Anteile lassen sich nicht anhand äußerer Merkmale, sondern nur durch ihre Entstehungsgeschichte erkennen. Aus diesem Grund sind verwaltungsintern viele Beteiligungen an Kap-Ges nicht als Anteil iSd § 21 UmwStG erkannt und für organisatorische Zwecke vermerkt worden, weil der für den AE zuständigen Stelle im FA die Erkenntnisse der KSt-Stelle hinsichtlich der Gründung und Kap-Erhöhung fehlten. Nicht zuletzt die BFH-Rspr zur Infektionstheorie hat zur Einführung eines verwaltungsinternen Kontrollmitteilungsverfahrens geführt (s Tz 92).
Tz. 45
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Es wird zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Reihe von tats und rechtlichen Problemen bei der Umsetzung der BFH-Rspr zur Infektionstheorie entstehen (s H/B, 2. Aufl, § 21 UmwStG Rn 51 und s Werneburg, in H/M/B, 5. Aufl, Anh 21aF Rn 51: "Der BFH macht es sich mit der schwierigen technischen Umsetzung der Interpretation des Rechts einbringungsgeborener Anteile einfach."). Die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Kap-Erhöhungsmaßnahme (oder des Gründungsvorgangs) hinsichtlich der tats enthaltenen stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen sowie auch der nicht nach § 21 UmwStG st-verstrickten Alt- und Neuanteile entscheiden über die Höhe des St-Verstrickungsgrads "infizierter" Anteile und somit später bei Veräußerung der bereicherten Anteile über den stpfl Gewinn. Die Bestimmung des Werts von Anteilen an Kap-Ges, die keinen Börsenkurs aufweisen, sowie die Ermittlung des tats Werts (Verkehrswert) einer Sacheinlage (in den Gründungsfällen, s Tz 48) ist mit Unsicherheiten verbunden, da eine verbindliche Wertermittlungsmethode fehlt (zur Ermittlung des gW von Anteilen s Tz 185ff). Hinzu kommt, dass zwischen dem Bewertungsstichtag (dh Kap-Erhöhung oder Gründung) und der Veräußerung der Anteile oftmals große Zeiträume (Jahrzehnte) liegen oder dass bis zur Veräußerung der Anteile mehrere Kap-Erhöhungen gegen Gesellschaftereinlagen erfolgt sind. Der BFH weist diese sowohl im Tatsächlichen als auch im Rechtlichen liegenden Erschwernisse bei der Aufteilung eines Veräußerungspreises auf einbringungsgeborene Anteile und nicht nach § 21 UmwStG st-verstrickte Anteile zurück. "Damit verbundene rechtstechnische Schwierigkeiten müssen zurücktreten, da ein Aufteilungsverbot entweder zu Lasten des Zweckes des § 21 UmwStG oder des Stpfl ginge" (s Urt des BFH v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761 und BStBl II 1992, 764). Eine Besserung hinsichtlich der stlichen Rechts- und Planungssicherheit bietet das Feststellungsverfahren gem § 10 VO zu § 180 Abs 2 AO (wenn auch unvollkommen, s Tz 92ff). Das Feststellungsverfahren ist jedoch mittlerweile aufgehoben worden (s Tz 102a-102b), obwohl die Vorgänge der "Infizierung" von Anteilen nach § 21 UmwStG auch aktuell weiterhin vorkommen (s Tz 40a aE).
Stpfl, die Anteile an Kap-Ges veräußern oder Vorgänge, die in § 21 Abs 2 S 1 UmwStG aufgezählt sind, realisieren wollen, ist anzuraten, Unterlagen über die Wertfindung ihrer Anteile aufzubewahren (ebenso s Werneburg, in H/M/B, 5. Aufl, Anh 21aF Rn 51 aE). Denn die Besteuerung des Gewinns aus einbringungsgeborenen A...