Tz. 40
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Hält der AE von Anteilen an einer Kap-Ges einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 UmwStG, weil dieser
- die Beteiligung durch eine Sacheinlage vor Inkrafttreten des UmwStG idF des SEStEG zum Bw oder Zwischenwert erworben hat (Einbringender),
- einbringungsgeborene Anteile vom Einbringenden oder seiner Rechtsnachfolger unentgeltlich erworben hat (s Tz 33),
- eine Beteiligung hält, die bei Gründung oder vorherigen Kap-Erhöhungen nach § 21 UmwStG mitverstrickt ist (derivative einbringungsgeborene Anteile) oder
- AE "fiktiver" einbringungsgeborener Anteile aus einer Weitereinbringung von Anteilen iSd § 21 UmwStG unter Geltung des UmwStG idF ab SEStEG ist (s §§ 20 Abs 3 S 4 und 21 Abs 2 S 6 UmwStG idF des SEStEG, s § 20 UmwStG Tz 146ff),
verkörpern diese Anteile insoweit die stillen Reserven des Sacheinlagegegenstands und der späteren Wertentwicklung der Beteiligung. Diese stillen Reserven sind in besonderer Weise nach § 21 UmwStG st-verhaftet. Erfolgt bei der übernehmenden Gesellschaft eine Kap-Erhöhung gegen Bareinlage (oder Sachwerte), gehen stille Reserven von diesen speziell st-verstrickten Anteilen auf die jungen Anteile über, wenn
- entweder die Bareinlage (nur) dem Nennwert der Neuanteile entspr oder
- die Bareinlage einschl Aufgelder unter dem Wert der Sacheinlage und den bis zur Kap-Erhöhung eingetretenen Wertveränderungen der Altanteile (dh [Kurs-])Wert der Altanteile zum Zeitpunkt der Kap-Erhöhung) bleibt.
"Transportmittel" für den Übergang der stillen Reserven ist die Substanzabspaltung von den Altanteilen auf das Bezugsrecht, die sich sodann in den jungen Anteilen fortsetzt (s Tz 38 und s Urt des BFH v 08.11.2016, BStBl II 2017, 1002 unter Rn 23).
Zu einer derartigen Verschiebung (Verwässerung) stiller Reserven bei Kap-Erhöhungen von einbringungsgeborenen Anteilen auf durch Bareinlage erworbene Anteile kommt es bei einem Alleingesellschafter oder bei mehreren (fremden) Gesellschaftern, wenn jeder sein Bezugsrecht selbst realisiert und damit die Beteiligungsquote gleichbleibt. Eine Verschiebung der vermögensrechtlichen Position der Mitglieder tritt in diesem Fall nämlich nicht ein.
Bei Kap-Ges, an denen Angehörige als AE beteiligt sind (Familien-Kap-Ges), kann es iRv Kap-Erhöhungen zur Übertragung von Vermögenswerten alter Gesellschaftsanteile auf neue Anteile sowohl des oder der Altgesellschafter als auch der durch die Kap-Erhöhung hinzugetretenen Angehörigen kommen (s Werneburg, in H/M/B, 5. Aufl, Anh § 21 aF Rn 33). Dies ist entweder die Folge der abw von der (alten) Beteiligungsquote in Anspruch genommenen Bezugsrechte (Änderung der Beteiligungsverhältnisse unter den bisherigen Gesellschaftern) oder der Verzicht des Altgesellschafters auf sein Bezugsrecht oder Teilen davon zugunsten seiner Angehörigen (Änderung von Beteiligungsverhältnissen durch Erweiterung des Gesellschafterverbands; ebenso s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 70).
Tz. 40a
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Es ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Erhöhung des Nennkap einer Kap-Ges die Versteuerung stiller Reserven einbringungsgeborener Anteile unterbleibt, wenn diese Reserven ohne Gegenleistung auf Gesellschaftsanteile übergehen, die nicht durch eine Sacheinlage erworben worden sind. Der Vorteil der St-Stundung bleibt also auf unbestimmte Zeit erhalten. Es fehlt nämlich an einer Rechtsgrundlage für die Besteuerung der von einbringungsgeborenen Anteilen abfließenden Substanz. § 21 UmwStG jedenfalls, der die Realisationstatbestände abschließend aufzählt, sieht eine solche Aufdeckung der Reserven bei diesen Vorgängen nicht vor (ständige Rspr; s Urt des BFH v 08.04.1992; BStBl II, 761, 763 und 764; v 21.08.1996, BFH/NV 1997, 314; v 28.11.2007, BStBl II 2008, 533 unter Rn 15; und v 08.11.2016, BStBl II 2017, 1002 unter Rn 23; s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 68; s UmwSt-Erl 1998 Rn 21.14; zur Behandlung von "Altfällen", bei denen die verlagerten stillen Reserven besteuert worden sind s Tz 46).
Einer sinngem Anwendung des § 21 Abs 1 UmwStG bedarf es nach Auff des BFH nicht, da die Gesellschaftsanteile, die von einbringungsgeborenen Anteilen abgespaltene stille Reserven erhalten, insoweit ebenfalls von der St-Verhaftung des § 21 UmwStG erfasst werden (sog Infektionstheorie; s Widmann, in W/M, Anh 15 [§ 21 UmwStG 1995] Rn 25ff). Dies bedeutet, dass die bereicherten Anteile, soweit sie Reserven beinhalten, die unentgeltlich von Anteilen iSd § 21 UmwStG als Folge der Abspaltungstheorie (s Tz 40) übergegangen sind, quotal als einbringungsgeborene Anteile behandelt werden (zB s Urt des BFH v 28.11.2007, BStBl II 2008, 533 unter Rn 15 und v 08.11.2016, BStBl II 2017, 1002 unter Rn 23; s Herzig/Rieck, DStR 1988, 97; s Haritz, in H/M, 3. Aufl, Anh § 21 aF Rn 40ff; s UmwSt-Erl 1998 Rn 21.14). Dabei spielt keine Rolle, ob die stlich "infizierten" Anteile (auch derivativ einbringungsgeborene Anteile genannt, s Urt des BFH v 28.11.2007, BStBl II 2008, 533 unter Rn 15) schon aufgr anderer Vorschriften st-verstri...