Dr. Rolf Möhlenbrock, Lisa Maiworm
4.1 Allgemeines
Tz. 71
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
§ 4h Abs 2 S 1 EStG regelt drei Ausnahmen von der in § 4h Abs 1 EStG enthaltenen Zinsschranken-Grundregel, die allesamt auch auf Kö Anwendung finden:
- Nach Buchst a greift das Abzugsverbot nicht, wenn die Nettozinsaufwendungen des Betriebs unter der Freigrenze von 3 Mio EUR liegen (s Tz 72 ff).
- Nach Buchst b greift das Abzugsverbot nicht, wenn der Stpfl keiner Person iSd § 1 Abs 2 (ggf iVm § 1 Abs 1 S 2) AStG nahe steht und über keine BetrSt außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet (sog Stand-alone-Klausel) (s Tz 77 ff).
- Nach Buchst c greift bei konzernzugehörigen Betrieben das Abzugsverbot nicht, wenn ihre EK-Quote nicht unter der des Konzerns liegt (sog EK-Escape), wobei für Kö gem § 8a Abs 3 KStG Zusatzvoraussetzungen gelten (s Tz 121 ff).
Ist einer der Ausnahmetatbestände erfüllt, kann der Stpfl die gesamten Zinsaufwendungen abziehen. Ein evtl vorhandener Zinsvortrag kann in diesen Wj nicht in vollem Umfang – wie lfd Zinsaufwendungen – genutzt werden. § 4h Abs 1 S 7 EStG idF des KrZwMG 2023 regelt, dass die Ausnahmetatbestände gem § 4h Abs 2 EStG keine Anwendung finden, "soweit" die Zinsaufwendungen durch einen Zinsvortrag erhöht wurden. s Tz 128). In Wj, in denen gem § 4h Abs 2 EStG die Anwendung von § 4h Abs 1 S 1 EStG ausgeschlossen ist oder in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht übersteigen, entsteht gem § 4h Abs 1 S 3 2 HS EStG kein EBITDA-Vortrag (s Tz 240e). Ein eventuell vorhandener EBITDA-Vortrag früherer Wj wird eingefroren und um ein Wj älter, sodass er ggf ungenutzt verfällt.
Kaminski (IStR 2011, 783, 785) geht zutr davon aus, dass die oa Ausnahmen allesamt auch auf inl BetrSt (s Tz 49) anzuwenden sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Erl des Fin-Min SchlH v 12.03.2009 – VI 324 – S 2741–109, da es in dort behandelten Sachverhalt um einen Konzern ging und daher nur § 4h Abs 2 S 1 Buchst c EStG einschlägig sein konnte.
4.2 Freigrenze (§ 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG)
Tz. 72
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Die Freigrenze soll gewährleisten, dass kleinere und mittlere Unternehmen von der Zinsschranke nicht betroffen sind. Sie wurde durch das BürgerentlastungsG – Krankenversicherung – zunächst nur für Wj, die vor dem 01.01.2010 endeten – von 1 Mio EUR auf 3 Mio EUR angehoben (s § 52 Abs 12d S 3 EStG idF des BürgerentlastungsG – Krankenversicherung -). Mit dem WachstumsBG wurde die zeitliche Beschränkung aufgehoben (s § 52 Abs 12d S 3 EStG idF des WachstumsBG). Die erhöhte Freigrenze gilt ab der erstmaligen Anwendung der Zinsschranke (s Tz 252b). Hiermit soll dem erhöhten Finanzbedarf der Unternehmen während der Finanz- und Wirtschaftskrise Rechnung getragen werden. Bei einem unterstellten Zinssatz von 5 % ist durch die Freigrenze iHv 3 Mio EUR ein Finanzierungsvolumen iHv 60 Mio EUR abgedeckt (s Tz 12a, weiter s Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1332; s Scheunemann/Socher, BB 2007, 1144, 1149; s Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2632; s Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23, 24; s Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 64; s Wagner, DStZ 2010, 26, 27; s Kessler/Dietrich, DB 2010, 240, 244; s Gemmel/Loose, NWB 2010, 262, 264; s Stemplewski, StStud 2013, 641, 642; s Schänzle/Mattern, in Sch/F, 2. Aufl, § 8a KStG, Rn 161 und s Kessler/Lindemer, DB 2010, 472, 473). Kraft/Moser/Matthias (DStZ 2014, 539, 540) kritisieren, dass insbes bei Grundstücksgesellschaften die erhöhte Freigrenze nicht hilft, da den fremdfinanzierten Immobilieninvestments wegen der ausschließlich vorhandenen Mieterträge keine Zinserträge gegengerechnet werden können. Die Freigrenze steht in Einklang mit Art 4 Abs 3 ATAD, der ebenfalls eine Ausnahme für sog "überschüssige Fremdkapitalkosten" (entspr Nettozinsaufwendungen) iHv bis zu 3 Mio EUR vorsieht. Nach dem Wortlaut in Erwägungsgrund 8 sieht die ATAD eine "Safe Harbour"-Regel vor, nach der Nettozinsaufwendungen stets bis zu 3 Mio EUR abzb sind. Mit der uE zulässigen Beibehaltung einer Freigrenze im nationalen Recht geht die dt Zinsschranke über die Mindestvorgaben der ATAD hinaus. Nach Grotherr bleibt damit der "Fallbeilcharakter" des § 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG erhalten (s DStZ 2023, 713, 719), da schon ein geringfügiges Überschreiten der Freigrenze zur Anwendung der Zinsschranken führt. Die Freigrenze findet betriebsbezogen unabhängig von der Rechtsform des von der Zinsschranke betroffenen Rechtsträgers Anwendung und gilt damit auch für Kö (s Schr des BMF v 04.07.2008, BStBl I 2008, 718, Rn 57 und s § 8 Abs 1 KStG). Die "Betriebsfiktion" des § 8a Abs 1 S 4 KStG idF des KrZwMG 2023 stellt sicher, dass die Freigrenze je KSt-Stpfl nur einmal zur Anwendung kommt, wie es die ATAD für KSt-Subjekte verlangt. Eine Kö, auf die die Zinsschranke infolge einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung anzuwenden ist, bleibt bei Nettozinsaufwendungen von unter 3 Mio EUR von der Abzugsbeschränkung des § 4h Abs 1 S 1 EStG verschont. IRd Tatbestandsprüfung des § 8a Abs 2 KStG aF und § 8a Abs 3 KStG findet die Fre...