Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 22
Stand: EL 99 – ET: 06/2020
§ 2 Abs 1 UmwStG regelt in Durchbrechung des Grundsatzes, dass ein einmal verwirklichter stlicher Sachverhalt nicht rückwirkend verändert werden kann, die stliche Rückwirkung der Umwandlung von Kö nach den §§ 3–19 UmwStG (s UmwSt-Erl 2011, Rn 02.09). Wegen der in § 2 Abs 3 UmwStG enthaltenen Sonderregelung für grenzüberschreitende Umwandlungen s Tz 77ff.
Für den Formwechsel einer Kö in eine Pers-Ges enthält § 9 S 3 UmwStG eine ergänzende Rückwirkungsregelung (s Tz 14). Einer Rückwirkungsregelung bedarf es nicht für den Formwechsel zwischen Kö; dieser homogene Formwechsel ist, weil es sich um eine schlichte Namensänderung handelt, keine umwstlich relevanter Vorgang (s Tz 1).
Die stliche Rückwirkung nach § 2 UmwStG ist eine Fiktion auf der Rechtsfolgenseite. Sie gilt nach uE zutr Auff von Schneider (NWB 2012, 484, 486) nicht für die Antwort auf die Frage, ob bzw wann die Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsnorm vorliegen. Anders die Fin-Verw, nach deren Auff es in Spaltungsfällen nicht ausreicht, dass die Teilbetriebseigenschaft als zentrale Tatbestandsvoraussetzung im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Vermögensübertragung vorliegt; nach Verw-Auff muss bereits rückbezogen zum stlichen Übertragungsstichtag ein Teilbetrieb vorhanden sein (s Benecke, in Beinert/Benecke, FR 2010, 1009, 1021; weiter s § 15 UmwStG Tz 115).
Der Eintritt der stlichen Rückwirkung ist nicht davon abhängig, dass die in den §§ 3ff, 11ff bzw §§ 15, 16 UmwStG genannten weiteren Voraussetzungen für eine Umwandlung zu Bw erfüllt sind.
Regelungen für eine stliche Rückwirkung in Einbringungsfällen finden sich in § 20 Abs 5, 6 und in § 24 Abs 4 UmwStG (s Tz 1). Da § 21 UmwStG für eine isolierte Anteilseinbringung nicht die Anwendung des § 20 Abs 6 UmwStG anordnet, stellt sich die Frage, ob insoweit die generelle Rückbeziehungsnorm des § 2 UmwStG herangezogen werden kann (s Dötsch/Pung, DB 2006 2704, 2706). Dies ist uE zu verneinen (auch s Urt des BFH v 28.07.2010, BStBl II 2011, 528 und BFH/NV 2011, 67 jeweils unter II. 2. d der Urt-Gründe; v 16.04.2014, BStBl II 2015, 303 unter Rn 11; weiter s Hörtnagl, in S/H/S, 8. Aufl., § 2 UmwStG Rn 4 und s Neumann, GmbH-StB 2007, 377). Helfen würde das wegen des Wortlauts des § 2 UmwStG ohnehin nur bei Einbringenden in der Rechtsform einer Kö. Das Urt des FG München v 07.03.2011 (EFG 2011, 1387), wonach die stliche Rückwirkung auch die Ausgliederung von BV ohne Teilbetriebsqualität und die Fälle des Anteilstauschs umfasst, ist vom BFH (s Urt des BFH v 12.12.2012, BStBl II 2017, 1265; dazu auch s Neumann, DB 2013, 2886) nicht bestätigt worden. Dazu im Einzelnen s § 21 UmwStG Tz 43. AA s Schwarz (FR 2008, 548); auch s Stengel (DB 2008, 2329), der für den Fall der Einbringung von Kö, die als Ausgliederung iSd § 123 Abs 3 UmwG vollzogen wird, die subsidiäre Anwendung des § 2 UmwStG bejaht. UE unzutr (glA s Frotscher, in F/D, § 2 UmwStG Rn 2).
Keine stliche Rückwirkung regelt § 13 UmwStG für die AE-Ebene bei einer Verschmelzung zwischen Kö (s UmwSt-Erl 2011, Rn 02.03, Rn 02.17 und Rn 13.06; bestätigt durch Urt des BFH v 07.04.2010, BStBl II 2011, 467). Weiter s Urt des BFH v 17.01.2018 (BStBl II 2018, 449). Dh obwohl im Fall des Bw-Ansatzes gem § 13 Abs 2 S 2 UmwStG die Anteile an der übernehmenden Kö stlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Kö treten (sog Fußstapfentheorie), werden die Anteile an der Übernehmerin den AE nicht stlich rückbezogen zugerechnet (s Tz 36, weiter s § 13 UmwStG Tz 25).
Tz. 23
Stand: EL 99 – ET: 06/2020
Das UmwStG bestimmt den Stichtag, auf den eine Umwandlung stlich zurückwirkt, nicht selbst, sondern knüpft an den hr-lichen Stichtag der Übertragungs-Bil an und definiert als stlichen Übertragungsstichtag diesen Stichtag. Eine eigenständige stliche Regelung zum Übertragungsstichtag findet sich lediglich in § 9 UmwStG (ggf iVm § 25 S 2 UmwStG) für den Formwechsel, weil dafür mangels Vermögensübertragung ein hr-licher Stichtag nicht existiert.
Wenn die Umwandlungs-Bil auf einen Zeitpunkt innerhalb von acht Monaten vor dem Tag der Anmeldung zur H-Reg-Eintragung erstellt worden ist, tritt stlich die Rückwirkung auf diesen Zeitpunkt ein. Durch die vorübergehende Verlängerung der Achtmonatsfrist des § 17 Abs 2 S 4 UmwStG auf zwölf Monate für Anmeldungen, die im Jahr 2020 vorgenommen werden, durch § 4 des Ges über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (hierzu s Tz 19a), ergeben sich demzufolge unmittelbar auch stliche Auswirkungen auf § 2 Abs 1 und 2 UmwStG. Dh die Frist für den stlichen Rückbezug hinsichtlich der unter § 2 UmwStG fallenden Verschmelzungen und Spaltungen verlängert sich von acht auf zwölf Monate. Hierzu s Hageböke (DB 2020, 752) und s Wübbelsmann (DStR 2020, 696). Bei § 2 Abs 1 S 1 UmwStG handelt es sich insoweit um eine ges Fiktion, nach der unabhängig vom Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vermögensübergangs auf den übernehmenden Re...