5.4.4.1 Mindestausschüttungen als Streitfrage
Tz. 188
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Im Falle der Einschaltung einer gemeinnützigen Stiftung als "unternehmenstragende Stiftung", stellt sich in der Besteuerungspraxis regelmäßig die Frage, ob und in welcher Höhe GA von der Kap-Ges an die gemeinnützige Stiftung (Gesellschafterin) erfolgen muss.
Diese Frage wird in der Praxis oftmals kontrovers diskutiert und ist ein permanentes Streitthema zwischen den Beratern gemeinnütziger Stiftungen und der Fin-Verw. Rechtssicherheit wird man in dieser "sensiblen" Gemeinnützigkeitsfrage im Einzelfall nur iRe tats Verständigung mit der Fin-Verw oder über eine verbindliche Auskunft über die erforderliche Höhe von GA an die gemeinnützige Stiftung erhalten.
5.4.4.2 Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als steuerfreie Vermögensverwaltung
Tz. 189
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer Kap-Ges ist grds stfreie Vermögensverw (§ 14 S 3 AO). Sie stellt jedoch dann einen wG iSd § 64 AO dar, wenn mit der Beteiligung ein entsch Einfluss auf die lfde Geschäftsführung der Kap-Ges ausgeübt wird (vgl AEAO Nr 3 zu § 64).
Tz. 190
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Doppelstiftungsmodell
Von der Fin-Verw wird stlich anerkannt, dass die Anteile an einer Kap-Ges tw von der gemeinnützigen Stiftung und tw von einer nicht gemeinnützigen Familienstiftung gehalten werden. Dabei kann die lfd Einflussnahme der gemeinnützigen Stiftung auf das Unternehmen stark beschr werden; in diesem Fall erfolgt die Unternehmensführung durch die Familienstiftung. Diese Vorgehensweise wird als sog Doppelstiftungsmodell bezeichnet.
5.4.4.3 Beteiligung an der Kapitalgesellschaft darf nicht Hauptzweck der gemeinnützigen Stiftung sein
Tz. 191
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Auch die Vermögensverw ist im Hinblick auf das Gebot der Ausschließlichkeit nach § 56 AO nur dann gemeinnützigkeitsunschädlich, wenn sie um des st-begünstigten Zweckes willen erfolgt. Dh sie darf nur der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der st-begünstigten Zwecke dienen. Sofern hingegen die Vermögensverw ein losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der gemeinnützigen Stiftung ist, scheitert die Gemeinnützigkeit an dem Gebot der Ausschließlichkeit nach § 56 AO (vgl AEAO Nr 1 zu § 56).
5.4.4.4 Gibt es ein Gebot von Mindestausschüttungen bei Unternehmensbeteiligungen im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht?
Tz. 192
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Von der Fin-Verw werden im Falle von Unternehmensbeteiligungen gemeinnütziger Stiftungen tw folgende Vorgaben gemacht:
- Mindestausschüttung in Abhängigkeit vom allgemeinen Zinsniveau bezogen auf den übertragenen Vermögenswert in Geld. Dies müsse grds auch in Jahren erfolgen, in denen das Unternehmen Verluste oder nur geringe Gewinne erzielt.
- Die Mindestausschüttung müsse in Abhängigkeit zu den eingeräumten Gesellschaftsrechten im Hinblick auf die Höhe der Ausschüttung stehen. Dh je größer der Einfluss, über diese Rechte einen höheren Gewinnanteil zu erlangen, desto niedriger könne die festgelegte Mindestausschüttung sein.
UE sind diese Forderungen zu weitgehend und ges.eberisch nicht gedeckt. Denn das stliche Gemeinnützigkeitsrecht enthält – ebenso wie die LandesstiftungsG – keine konkreten Anlageregelungen (vgl auch die Monographie von Hüttemann/Schön, Vermögensverw und Vermögenserhaltung im Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht 2007). Das Gemeinnützigkeitsrecht enthält also kein "Vermögenserhaltungsgebot", sondern – im Gegenteil – nur die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung der Erträge (§ 55 AO). Die ggf dauerhafte Erhaltung von Vermögenswerten wird nur iRd § 62 AO toleriert. Aus dem Gebot der Ausschließlichkeit nach § 56 AO kann uE lediglich abgeleitet werden, dass die Geschäftsführung st-begünstigter Stiftungen auch im Hinblick auf ihre Vermögensanlagepolitik auf die Erfüllung ihrer satzungsmäßigen st-begünstigten Zwecke gerichtet sein muss.
Das stliche Gemeinnützigkeitsrecht fordert deshalb keine Mindestausschüttungen, sondern nur eine wirtsch angemessene Anlagestrategie. Hierbei ist uE dem Stiftungsvorstand ein weiter Ermessensspielraum bei Anlageentsch einzuräumen. Denn eine vermögenserhaltende Anlagestrategie muss zwar darauf ausgerichtet sein, ausreichend Erträge zu erzielen, darf aber nicht dazu führen, die Vermögensanlage (Beteiligung) durch Mindestausschüttungen wirtsch zu schwächen und im Extremfall "auszubluten" (vgl auch FG Münster, Urt v 11.12.2014, EFG 2015, 739). Denn das Gebot der Selbstlosigkeit nach § 55 AO beinhaltet auch, dass die gemeinnützige Stiftung ihr Vermögen sicher und rentierlich anlegen muss.
UE enthält das stliche Gemeinnützigkeitsrecht kein ges Gebot einer Mindestausschüttung an die gemeinnützige Stiftung. Im Gegenteil. Das jeweilige Ausschüttungsverhalten muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vermögenserhaltung der Kap-Beteiligung flexibel festgelegt werden. Hierfür ist bereits im Vorfeld eine tats Verständigung mit der Fin-Verw oder Rechtssicherheit über eine verbindliche Auskunft zu empfehlen.