Tz. 296
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Nach § 8b Abs 4 S 6 KStG gilt der Erwerb einer Beteiligung von mind 10 % für Zwecke des Abs 4 als zu Beginn des Kj erfolgt. Dh ein Erwerb einer mind 10%igen Beteiligung in der Zeit zwischen dem 02.01. und dem 31.12. eines Kj wird auf den 01.01. des betreffenden Jahres zurückbezogen mit der Folge, dass die Bezüge iSd § 8b Abs 1 S 1 und 5 KStG stfrei bleiben. Diese Fiktion gilt jedoch nur für § 8b KStG, nicht hingegen für andere Vorschriften (zB GewStG). Die Fiktion hat auch keine Auswirkung auf die Eink-Zurechnung (s Herlinghaus, FR 2013, 529, 537 und in R/H/N, 2. Aufl, § 8b KStG Rn 463).
Tz. 297
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Das Ges differenziert nicht zwischen den unterschiedlichen Formen des Erwerbs, so dass sowohl der unentgeltliche als auch der (teil)entgeltliche Erwerb erfasst wird. GlA s Haisch/Helios/Niedling (DB 2012, 2060, 2064), s Ernst (DB 2014, 449, 452), s Herlinghaus (in R/H/N, 2. Aufl, § 8b KStG Rn 458), s Schnitger (in Sch/F, 2. Aufl, § 8b KStG Rn 553) und s M Frotscher (in F/D, § 8b KStG Rn 478). Wegen der Berücksichtigung von Umwandlungsvorgängen als unterjähriger Erwerb s Tz 281.
Tz. 298
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Ein unterjähriger Anteilserwerb wird nur dann auf den Beginn des Kj zurückbezogen, wenn er mind 10 % beträgt. Dies erfordert uE grds, dass in einem einzelnen Vorgang 10 % der Anteile erworben werden (s Vfg der OFD Ffm v 02.12.2013, DB 2014, 329 und v 16.08.2021, DB 2021, 2255). GlA wohl auch s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8b Rn 289c). AA s Binnewies (GmbH-StB 2014, 242 und St-Journal 2014, 697, 698) und s Schwedhelm/Olbing/Binnewies (GmbHR 2014, 1233, 1236), nach deren Auff es lediglich darauf ankommt, dass zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr die Beteiligung an der TG die 10 %-Grenze erreicht. Eine solche Auslegung lässt uE der Wortlaut der Vorschrift nicht zu. Herkens (GmbH-StB 2016, 277, 280), Herlinghaus (in R/H/N, 2. Aufl, § 8b KStG Rn 459) und Schnitger (in Sch/F, 2. Aufl, § 8b KStG Rn 551) befürworten eine Zusammenrechnung im Fall des zeitgleichen Erwerbs von vd Veräußerern in einer Notarurkunde bzw in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. Zweifelnd s M Frotscher (in F/D, § 8b KStG Rn 479). Der BFH hat in seinen Urt v 06.09.2023 (DB 2024, 157) und v 13.03.2024 (DStR 2024, 1540) die Frage zur generellen Anwendbarkeit des § 8b Abs 4 S 6 KStG bei mehreren (Teil-)Erwerben offengelassen. Er hat jedoch die Anwendbarkeit des § 8b Abs 4 S 6 KStG bejaht, wenn aus Sicht des Erwerbers ein wirtschaftlich einheitlicher Erwerbsvorgang vorliegt, auch wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind. Ebenfalls hierzu s Binnewies (GmbHR 2024, 387), s Schober (DK 2024, 66 und DB 2024, 426), s Pfirrmann (BFH/PR 2024, 109), s Schimmele (GmbH-StB 2024, 40 und 202), s Pflüger (GStB 2024, 236), s Apitz (GmbH-StB 2024, 151), s Altrogge (DB 2024, 623) und s Kersten (StEd 2024, 34).
Das Ges bezieht den Beteiligungserwerb bei einem qualifizierten Erwerb fiktiv zurück auf den 01.01. des Kj und zwar bezogen auf die Bestimmung der Beteiligungshöhe iSd Abs 4 (s Tz 296). Damit besteht nach dem Ges-Wortlaut für das ganze Kj eine Schachtelbeteiligung mit der Folge, dass uE für GA auf alle Anteile (dh auch bereits vorhandene oder nach dem qualifizierten Erwerb hinzuerworbene Anteile unter 10 %) § 8b Abs 4 KStG unabhängig vom Ausschüttungszeitpunkt nicht anzuwenden ist. Denn es kommt auf die Beteiligung und nicht auf den einzelnen Anteil an. Die Beteiligung umfasst aber die Summe aller Anteile (s Behrens/Renner/Faller, DStZ 2014, 336, 339 mwNachw; s Bolik/Zöller, DStR 2014, 782; s Binnewies, St-Journal 2014, 697, 698 und s Grefe, StStud 2014, 454, 458). Die Regelung ist uE somit nicht idS auslegbar, dass § 8b Abs 4 KStG nur auf den hinzuerworbenen Anteil von mind 10 % nicht anwendbar ist. Dies ist aber die Auff der Fin-Verw (s Vfg der OFD Ffm v 02.12.2013, DB 2014, 329 und v 16.08.2021, DB 2021, 2255), die in § 8b Abs 4 S 6 KStG eine enge Ausnahmeregelung sieht. Der Verw-Auff zustimmend s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8b Rn 289c). Wie hier s M Frotscher (in F/D, § 8b KStG Rn 480), s Rothe (FR 2020, 705, 707) mit der Begründung, dass nur einheitliches WG Beteiligung vorliegt; s Behrens/Renner/Faller (DStZ 2014, 336, 339) mit Verweis auf die Behandlung von zugekauften Anteilen iRd § 9 Nr 2a GewStG und s Mössner (IStR 2014, 497, 498). Mössner (aaO) weist uE zutr darauf hin, dass es zwar verständlich ist, dass die Fin-Verw Gestaltungen verhindern will, bei denen zu Beginn des Jahres nur eine Streubesitzbeteiligung besteht, dann eine Schachtelbeteiligung unterjährig ge- und anschließend wieder verkauft wird, mit dem Ziel, dass die auf die Streubesitzbeteiligung entfallende GA stfrei vereinnahmt werden kann; dies der derzeitige Wortlaut der Vorschrift jedoch nicht verhindert. Ebenso s Kamphaus/Weihmann/Sauer (Ubg 2014, 258, 260). Diese Frage ist auch nach dem Urt des BFH v 06.09.2023 (DB 2024, 157) offen.
Dies hat für die nachstehenden Fallkonstellationen folgende Konsequenzen...