Tz. 67
Stand: EL 55 – ET: 10/2005
§ 12 Abs 3 S 2 UmwStG macht den verschmelzungsbedingten Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs davon abhängig, dass der den Verlust verursachende Betrieb oder Betriebsteil über den Verschmelzungsstichtag hinaus noch mindestens fünf Jahre lang in vergleichbarem Umfang fortgeführt wird.
Das Schr des BMF v 16.04.1999 (BStBl I 1999, 455) bezeichnet als Betrieb die gesamte wirtsch Aktivität eines Unternehmens (parallel zum Begriff des Geschäftsbetriebs in § 8 Abs 4 KStG; dazu s § 8 Abs 4 KStG nF Tz 145) und als Betriebsteil eine abgrenzbare wirtsch Aktivität, der bestimmte personelle und sachliche Ressourcen zugeordnet werden können. Nach der BFH-Rspr (s Urt des BFH v 27.10.1994, BStBl II 1995, 403; v 26.06.1975, BStBl II 1975, 833 und v 10.03.1998, BFH/NV 1998, 1209) liegt ein Betriebsteil vor, wenn ein Unternehmen nur organisatorisch nach örtlichen und fachlichen Gesichtspunkten aufgeteilt ist. Zum Begriff des Betriebsteils s Müller-Gatermann (FS Widmann, 2000, 425, 438); Hofmeister (FS Widmann, 2000, 413, 416) und Widmann (in W/M, § 12 UmwStG Rn 600 ff), wobei Widmann den Betriebsteil letzlich als Kostenträger definiert.
Ob der in § 12 Abs 3 S 2 UmwStG verwendete Begriff des ›Betriebs‹ mit dem in § 8 Abs 4 KStG verwendeten Begriff des ›Geschäftsbetriebs‹ identisch ist, ist umstritten (Nachw bei Hofmeister, FS Widmann 2000, 415). Schmitt (in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 12 UmwStG Rn 97 ff, 106) versteht unter ›Geschäftsbetrieb‹ eine konkrete aktive Tätigkeit und unter ›Betrieb‹ die gesamte wirtsch Aktivität einer Kö. Danach wäre der Branchenwechsel lediglich ein Wechsel zwischen zwei Geschäftsbetrieben. Der Betrieb, auf den § 12 Abs 3 S 2 UmwStG abstellt, bliebe jedoch erhalten. UE unzutr (s Tz 82). Widmann (in W/M, § 12 UmwStG Rn 588) hält den Begriff des Geschäftsbetriebs für umfassender als den des Betriebs. Wisniewski (in H/B, 2. Aufl, § 12 UmwStG Rn 65 ff) setzt sich ausführlich mit Auslegungsversuchen hinsichtlich der im Gesetz verwendeten Begriffe ›Betrieb‹ und ›Betriebsteil‹ auseinander. Er will – anders als die Fin-Verw diese Begriffe betriebswirtsch verstanden wissen und bejaht eine weit gehende Gestaltungsmöglichkeit des Unternehmens hinsichtlich des Zuschnitts eines Betriebs bzw Betriebsteils.
Tz. 68
Stand: EL 55 – ET: 10/2005
Hörger/Endres (FR 1998, 1017 und GmbHR 1999, 569, 580) untersuchen, ob die Begriffe ›Betrieb‹ und ›Betriebsteil‹ sich gegenseitig ausschließen (Betrieb als unteilbares Vermögen; Betriebsteil als abgrenzbare wirtsch Aktivität) oder ob sie sich – so ihre Auff – gegenseitig ergänzen. Sie sprechen sich, weil § 12 Abs 3 S 2 UmwStG die beiden Begriffe mit einem ›oder‹ verbindet, dafür aus, dass die Kö den Größenvergleich und die Verlustzuordnung wahlweise für den Betrieb oder für den Betriebsteil vornehmen kann. Ähnlich s Bock (GmbHR 1999, 279) durch Vergleich des deutschen mit dem österreichischen Recht.
Die Fin-Verw hat sich dem nicht angeschlossen. Sie hat aber ihr urspr Konzept, das noch in dem den Verbänden und Fachkreisen mit Schr des BMF v 16.07.1998 übersandten Entw eines BMF-Schr enthalten war, überarbeitet, wonach vorrangig auf den Betriebsteil abzustellen war. Das endgültige BMF-Schr geht – zugunsten der Unternehmen – den genau umgekehrten Weg und stellt (zwingend) vorrangig auf den Betrieb im Ganzen ab. Nur dann, wenn danach der Verlustabzug unterginge, kann das Unternehmen durch das Abstellen auf den Betriebsteil ggf einen Teil des ansonsten verlorenen Verlustabzugs ›retten‹ (dazu s Tz 93).
Tz. 69
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Eine andere Frage ist die nach den Mindestanforderungen an einen Betrieb. Wenn zB ein Produktionsunternehmen mit hohen Verlustvorträgen Jahre vor dem stlichen Übertragungsstichtag seine unternehmerische Tätigkeit eingestellt hat und von diesem urspr Unternehmen nichts mehr übrig ist als die Pensionsverbindlichkeiten gegenüber früheren Arbeitnehmern, die von der MG oder in deren Auftrag von einer Schwestergesellschaft der Verlustgesellschaft erfüllt werden, dann ist der den Verlust verursachende Betrieb am Verschmelzungsstichtag nicht mehr vorhanden (s Tz 81). UE gehen aber auch stliche Verlustabzüge, die aus dem Erfüllen der Pensionsverpflichtungen entstanden sind, nicht nach § 12 Abs 3 S 2 UmwStG über, da das bloße Erfüllen der Pensionsverpflichtungen kein Betrieb iSd § 12 Abs 3 S 2 UmwStG ist.