Tz. 43

Stand: EL 65 – ET: 03/2009

Wenn das in den Rücklagen lt St-Bil ausgewiesene Ausschüttungsvolumen nicht zur Vollrealisierbarkeit des KSt-Guthabens und/oder zur Leerschüttung des EK 02 ausreicht, kommt der Frage materielle Bedeutung zu, ob die Anwendung des § 28 Abs 2 S 3 (vorher S 2 HS 2) KStG daneben noch die Anwendung der §§ 37 und 38 KStG auf die Auskehrungen an die AE zulässt (dazu auch s § 28 KStG Tz 63). Anders ausgedrückt: Wenn man § 28 Abs 2 S 3 (vorher S 2 HS 2) KStG als lex specialis idS versteht (Alt 1), dass für die Auskehrung desjenigen Teils des stlichen Einlagekontos, der gem § 28 Abs 2 S 1 HS 2 KStG aus der fiktiven Herabsetzung von "echtem" Nenn-Kap entstanden ist, die Anwendung von § 27 Abs 1, § 37 Abs 2 und § 38 Abs 1 S 4 KStG ausscheidet, kann die Rückzahlung dieses Bestandteils des stlichen Einlagekontos nicht zu einer KSt-Minderung und -Erhöhung führen. Bei dem zurückgezahlten Nenn-Kap handelt es sich dann nicht um verteiltes Vermögen iSd § 40 Abs 4 KStG.

Eine andere Lösung (Alt 2) ist die, dass zwar der S 1 des § 28 Abs 2 KStG, weil dort ausdrücklich erwähnt, auch für Liquidationen gilt, nicht jedoch der S 2, weil insoweit § 40 Abs 4 KStG als die speziellere Norm vorgeht. Nach dieser Lesart wird bei einer Liquidation nicht Nenn-Kap zurückgezahlt, sondern einfach Vermögen verteilt, was zur Folge hat, dass auch die Rückzahlung des "echten" Nenn-Kap iR einer Liquidation zu einer Minderung und zu einer Erhöhung der KSt führen kann.

 
  KSt-Guthaben Neutrales Vermögen   Stliches Einlagekonto Nenn-Kap
  (in TEUR) (in TEUR)   (in TEUR) (in TEUR)
Bestände vor Liquidationsbeginn 100
a) dem KSt-Guthaben entspr Rücklagen
600 0 800
   
b) spätere Verluste
 ./. 700    
      ./. 100    
1. Schritt: Liquidationsbedingte "Umgliederung" des Nenn-Kap in das stliche Einlagekonto (s § 28 Abs 2 S 1 HS 2 KStG)       + 800 ./. 800
2. Schritt: Rückzahlung an die AE (s § 28 Abs 2 S 3 [vorher: S 2 HS 2] KStG)       ./. 800  

Bei Zugrundelegung der Alt 1 ginge im vorstehenden Fall mangels Ausschüttungsvolumens das KSt-Guthaben verloren, da die in § 28 Abs 2 S 3 (vorher: S 2 HS 2) KStG abgehandelte Nenn-Kap-Rückzahlung – anders als eine "normale" Einlagerückzahlung – keine zur Anwendung der §§ 37 und/oder 38 KStG führende Vermögensverteilung iSd § 40 Abs 4 S 1 KStG wäre.

Bei Zugrundelegung der Alt 2 ist § 28 Abs 2 S 3 (vorher S 2 HS 2) KStG so zu lesen, dass die Vorschrift die gleichzeitige Anwendbarkeit der §§ 37 und 38 KStG nicht ausschließt. Dann schafft die im 1. Schritt erfolgende Umgliederung des Nenn-Kap in das stliche Einlagekonto Auskehrungspotenzial, dh mit der Einlagerückgewähr kann das KSt-Guthaben mobilisiert werden.

Die Fin-Verw (s Schr des BMF v 26.08.2003, BStBl I 2003, 434, Rn 16) verfährt – uE zutr – nach der Alt 2. Das bedeutet, dass auch die Rückzahlung des Nenn-Kap iRd Liquidation eine Leistung ist, die zur KSt-Minderung und/oder KSt-Erhöhung führen kann (s Dötsch/Pung, DB 2003, 1922, 1925). AA wohl s Förster/van Lishaut (FR 2002, 1257, 1267). Dass in diesem Punkt § 10 UmwStG und § 40 Abs 4 KStG zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist auf den unterschiedlichen Wortlaut des § 10 S 1 UmwStG und des § 40 Abs 4 S 1 KStG zurückzuführen. Die KSt-Minderung bzw -Erhöhung gem § 40 Abs 4 S 1 KStG bemisst sich nach dem verteilten Vermögen, in dem auch das Nenn-Kap enthalten ist. Die "Quasi-Ausschüttung" iSd § 10 S 1 UmwStG hingegen bemisst sich nach dem in der St-Bil ausgewiesenen EK abz des Betrags, der gem § 28 Abs 2 S 1 iVm § 29 Abs 1 KStG dem stlichen Einlagekonto gutzuschreiben ist; das ist das um das Nenn-Kap gekürzte EK. Auf der Seite des AE kann die Nenn-Kap-Rückgewähr iRd Liquidation nicht in einen Kap-Ertrag iSd § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG umgedeutet werden; KapSt ist folglich nicht einzubehalten.

Für den Fall, dass Verluste der Kö das neutrale Vermögen aufgebraucht haben, ist die Verw-Auff, bezogen auf das KSt-Guthaben, eine Auslegung zugunsten der Kö. Bezüglich der vergleichbaren Situation beim EK 02 jedoch wäre die Alt 1 die günstigere Auslegung. Mangels Auskehrungspotenzials käme es dann nämlich bei der Liquidation der Kö nicht bzw nicht voll zur KSt-Erhöhung.

Für den Fall der Vermögensübertragung auf eine von der KSt befreite Kö ist die vorgenannte Frage übrigens in § 40 Abs 3 S 1 KStG ausdrücklich anders, und zwar iSd Alt 1 geregelt; ebenso in § 10 UmwStG für den Fall der Verschmelzung einer Kö auf eine Pers-Ges oder auf eine natürliche Person (s Tz 25, weiter s § 10 UmwStG [vor SEStEG] Tz 28).

Neben dieser Ungleichbehandlung in Fällen des § 10 UmwStG und des § 40 Abs 3 S 1 KStG einerseits und in Fällen des § 40 Abs 4 KStG andererseits ergibt sich eine weitere Ungleichbehandlung von Auskehrungen anlässlich einer Liquidation und einer Kap-Rückzahlung iR einer Nenn-Kap-Herabsetzung. Erstere können eine KSt-Minderung auslösen, letztere jedoch nicht (s § 28 KStG Tz 57, 58). Diese stliche Ungleichbehandlung wirtsch vergleichbarer Vorgänge erscheint nicht überzeugend.

 

Tz. 44

Stand: EL 65 – ET...

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