Tz. 620
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Nach § 1 Abs 1 S 1 AStG sind Eink unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären, wenn Eink eines Stpfl aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausl mit einer ihm nahe stehenden Pers dadurch gemindert werden, dass er seiner Eink-Ermittlung andere Bedingungen (insbes Preise) zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Wie bei § 8 Abs 3 S 2 KStG ist also auch nach § 1 Abs 1 AStG ein Fremdvergleich durchzuführen. Dieser unterscheidet sich vom vGA-Begriff aber bereits dadurch, dass im Ges spezifische tatbestandliche Vorgaben gemacht werden (= Ausprägung des sog Arm's-length-Prinzips). § 1 Abs 1 AStG ist allerdings nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar, während § 8 Abs 3 S 2 KStG auch in reinen Inl-Fällen gilt.
Tz. 621
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Im Einzelnen zeigen sich zwischen den beiden Vorschriften folgende Unterschiede:
§ 8 Abs 3 S 2 KStG |
§ 1 AStG |
Anwendbar sowohl in Inl- als auch in grenzüberschreitenden Fällen |
Nur für Ausl-Beziehungen anwendbar |
Nahe stehende Pers nicht ges definiert (s H 8.5 III "Nahe stehende Person" KStH 2022) |
Eigenständiger Begriff der nahe stehenden Pers in § 1 Abs 2 AStG |
Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zu prüfen, dh Gesellschaftsverhältnis ist erforderlich (aber ohne Mindestbeteiligungshöhe) |
Anwendung der Regelung unabhängig vom Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses (zB auch bei tats Beherrschung); liegt ein Gesellschaftsverhältnis vor, muss allerdings eine wes Beteiligung vorliegen (mind 25 %) |
Auch rein tats Handlungen können eine vGA bewirken |
Vereinbarung zwischen den nahe stehenden Pers erforderlich |
Sonderrecht für beherrschende Gesellschafter (Rückwirkungsverbot) |
Keine besonderen Regeln für Beherrschungsfälle; das Rückwirkungsverbot ist also nicht anwendbar |
Eine vGA hat idR auch Auswirkungen auf AE-Ebene (Besteuerung als Dividende) |
Keine Dividendeneinkünfte beim AE; somit auch keine KapStPflicht, aber auch keine Begünstigungen nach § 3 Nr 40 EStG bzw § 8b KStG auf Empfängerebene |
Vorteilsausgleich nur unter engen Voraussetzungen (vor allem bei beherrschenden Gesellschaftern) |
Einbeziehung der gesamten Geschäftsbeziehung in die Prüfung; somit größere Möglichkeit eines Vorteilsausgleichs |
Wirkung der Rechtsfolge in alle Richtungen (zB auch St-Freistellung nach § 8b KStG für überhöhte Vergütungen aus einer ausl Tochter-Kap-Ges) |
Die Rechtsfolge beschr sich auf Eink-Minderungen bei inl Stpfl |
Tz. 622
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Nach der früheren Verw-Auff in Tz 1.1.2 der Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verw-Grds; s Schr des BMF v 23.02.1983, BStBl I 1983, 218) sollten die Abgrenzungsregelungen des nationalen StR über
- die vGA (s § 8 Abs 3 S 2 KStG),
- die verdeckte Einlage (s § 8 Abs 3 KStG Teil B Tz 1ff) und
- die Berichtigung von Eink bei Geschäftsbeziehungen zum Ausl (s § 1 AStG)
nach ihren Rechtsvoraussetzungen voneinander unabhängig und nebeneinander anwendbar sein. Sind die Voraussetzungen der vGA oder der verdeckten Einlage und des § 1 AStG gleichzeitig gegeben, so war der sich ergebende Berichtigungsbetrag nach den ertragstlichen Grundsätzen über die vGA oder die verdeckte Einlage zu behandeln. VGA und verdeckte Einlage gingen nach dieser Verw-Auff also der Anwendung des § 1 AStG grds vor. Dies ließ sich durchaus mit dem Wortlaut des Ges begründen, weil § 1 Abs 1 AStG nur "unbeschadet anderer Vorschriften" anzuwenden ist (ebenso s Gosch, 4. Aufl, § 8 KStG, Rn 187, der von einer fiskal-meistbegünstigenden Neujustierung durch S 4 ausgeht). In § 1 Abs 1 S 4 AStG ist ausdrücklich geregelt, dass Berichtigungen nach S 1 andere Regelungen (vor allem vGA, verdeckte Einlage, Entnahme, Einlage) ergänzen. Daraus wurde ein Vorrang dieser anderen Regelungen vor der Anwendung von § 1 Abs 1 AStG abgeleitet; die Gewinnberichtigung des § 1 AStG wurde also als subsidiär zur vGA angesehen (= sog "Idealkonkurrenz"). Das Schr des BMF v 23.02.1983 (BStBl I 1983, 218) wurde allerdings zwischenzeitlich aufgehoben und durch das Schr des BMF v 14.07.2021 (BStBl I 2021, 1098) ersetzt (und dieses zwischenzeitlich wiederum durch das Schr des BMF v 06.06.2023, BStBl I 2023, 1093). Nach Tz 1.3 dieses neuen Schr v 06.06.2023, aaO, sollen die Eink-Korrekturvorschriften grds voneinander unabhängig und nebeneinander anwendbar sein. Aus der Formulierung "unbeschadet anderer Vorschriften" in § 1 Abs 1 S 1 AStG ergebe sich kein Wahlrecht für die Anwendung des § 1 AStG oder einer daneben anwendbaren anderen Eink-Korrekturnorm. § 1 AStG sei ergänzend oder in besonderen Fällen anstelle der anderen Korrekturnormen anzuwenden, soweit durch diese Korrekturnormen die Erfassung des zutreffenden Inlandsgewinns nicht sichergestellt werde.
Tz. 623
Stand: EL 114 – ET: 06/2024
Diese Aussagen waren eine Reaktion auf die zw...