Tz. 94
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Kap-Ges gem § 20 Abs 1 S 1 UmwStG im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder Gesamtrechtsnachfolge ist umsatzstlich aus Sicht des Einbringenden eine nichtstbare Geschäftsveräußerung im Ganzen iSd § 1 Abs 1a UStG gegeben. Soweit einkommenstlich eine Teilbetriebseinbringung vorliegt, kann umsatzstlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs iSd § 1 Abs 1a S 2 UStG ausgegangen werden (s Abschn 5 Abs 3 S 3 UStR 2000). Im Fall des identitätswahrenden Formwechsels ohne Vermögensübertragung gem § 25 S 1 iVm § 20 Abs 1 S 1 UmwStG liegt keine umsatzstliche Leistung vor (s § 25 UmwStG Tz 7). Werden Anteile an Kap-Ges unter den Voraussetzungen des § 20 Abs 1 S 2 UmwStG eingebracht, fehlt es regelmäßig an einer unternehmerischen Tätigkeit des Einbringenden (zB im Fall der Einbringung von Anteilen iSd § 17 EStG). Gehören die Anteile an Kap-Ges jedoch zum unternehmerischen Vermögen des Einbringenden, ist ein nach § 4 Nr 8 Buchst f UStG stbefreiter Umsatz gegeben. Gleiches gilt für die Einbringung einzelner MU-Anteile gem § 20 Abs 1 S 1 UmwStG (s Abschn 66 Abs 1 UStR 2000).
Aus der in den meisten Einbringungsfällen vorliegenden Geschäftsveräußerung im Ganzen ergeben sich Konsequenzen für die übernehmende Kap-Ges im Hinblick auf deren Vorsteuerabzug (s Tz 96).
8.1 Berichtigung des Vorsteuerabzugs (§ 15a UStG)
Tz. 95
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Die übernehmende Kap-Ges tritt im Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen gem § 1 Abs 1a S 3 UStG an die Stelle des Veräußerers/Einbringenden. Dies bedeutet nicht, dass damit die gesamte verfahrensrechtliche Rechtsposition des Veräußerers, insbes Forderungen und Schulden aus dem St-Schuldverhältnis iSd § 37 AO, auf die übernehmende Kap-Ges übergeht (so jedoch offensichtlich s Mößlang in Sölch/Ringleb/List, UStG § 1 Tz 145 f). Eine derartige Rechtsfolge ist nur auf die Fälle der Einbringung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt (s § 45 AO; Tz 15). Denn die von §§ 22 Abs 1 bis 3 iVm 12 Abs 3 S 1 UmwStG bestimmte allgemeine stliche Rechtsnachfolge gilt nur für ertragstliche Zwecke und nicht für das Verfahrensrecht oder Verkehrsteuern (s Tz 14).
Die Rechtsfolgen des § 1 Abs 1a S 3 UStG beziehen sich allein auf das materielle USt-Recht (s Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Tz 615). Der Eintritt der übernehmenden Kap-Ges in die umsatzstliche Rechtsstellung des Einbringenden bezogen auf den eingebrachten Betrieb oder Teilbetrieb hat insbes Auswirkungen auf die Berichtigung des Vorsteuerabzugs der Übernehmerin gem § 15a UStG. § 15a Abs 6a UStG bestimmt nämlich ausdrücklich, dass bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen der Berichtigungszeitraum iSd § 15a Abs 1 bis 3 UStG nicht unterbrochen wird. Die Übernehmerin muss sich für Zwecke des § 15a UStG die Verwendung des WG durch den Veräußerer/Einbringenden und dessen evtl Vorsteuerabzug zurechnen lassen. Der Veräußerer ist verpflichtet, der Übernehmerin die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen (s § 15a Abs 6a S 2 UStG).
8.2 Vorsteuerabzug aus der Geschäftsveräußerung im ganzen
Tz. 96
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Hat der Veräußerer für nichtsteuerbare Leistungen iR einer Geschäftsveräußerung im Ganzen USt zu Unrecht gesondert ausgewiesen, steht dem Erwerber (übernehmende Kap-Ges) aus diesen Leistungen – vorbehaltlich des § 15 Abs 2 UStG – der Vorsteuerabzug (bis zu einer Rechnungsberichtigung) zu, wenn die Rechnung bis zum 06.11.1988 eingegangen ist (s Urt des BFH v 29.10.1987, BStBl II 1988, 508; Vfg der OFD Saarbrücken v 17.02.1995, DStR 1995, 849).
Nach geänderter Rspr des BFH setzt der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG bei (EU-)richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass eine St für den berechneten Umsatz geschuldet wird (s Urt des BFH v 02.04.1998, BStBl II 1998, 695). Dies bedeutet, dass die vom leistenden Unternehmer nur auf Grund des § 14 Abs 2 UStG (wegen unberechtigten St-Ausweises) geschuldete St nicht zum Vorsteuerabzug führt. Die Fin-Verw wendet diese Rspr-Änderung aus Vertrauensschutzgründen erst für Rechnungen an, die nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II am 06.11.1998 beim Leistungsempfänger eingegangen sind (s Schr des BMF v 23.12.1998, UR 1999, 83; VfG der OFD Nürnberg v 18.01.1999, UVR 1999, 200 und OFD Frankfurt/M v 16.03.1999, UR 1999, 345). Diese über die allgemeinen Vertrauensschutzregelungen bei Änderung einer höchstrichterlichen Rspr (§ 176 AO) hinausgehende Handhabung der Fin-Verw ist aus Sicht betroffener Unternehmer sicherlich positiv einzuschätzen. Denn die stverschärfende Auslegung des BFH zum Vorsteuerabzug hätte grds auf alle erstmaligen St-Festsetzungen angewandt werden können (s Bock, UVR 1999, 278). Gegen die geänderte BFH-Rspr bestehen aber auch grundlegende rechtssystematische Bedenken: Nach bisher einhelliger Auff kann sich der Unternehmer unmittelbar auf eine im UStG fehlende Regelung der 6. EG-Richtlinie berufen, wenn diese sich zu seinen Gunsten auswirkt (s Klenk in Sölch/Ringleb/List, UStG, vor § 1 Tz 16 ff mwNachw). Andererseits darf...