Tz. 105
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Wird ein Grundstück von einer Gesamthand (zB Pers-Ges oder Erbengemeinschaft) auf eine andere Pers-Ges übertragen, ist dieser nach § 1 Abs 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgang gem § 6 Abs 3 S 1 GrEStG stbefreit, soweit die (sachenrechtliche) Mitberechtigung am Grundbesitz in der erwerbenden Pers-Ges fortgeführt wird. Der Vorgang unterliegt demzufolge nicht der GrESt, wenn es sich um beteiligungsidentische SchwGes handelt. Gleiches gilt im Fall der Einbringung von Anteilen an einer grundstücksbesitzenden Pers-Ges in eine andere Pers-Ges, wenn dadurch der Tatbestand des § 1 Abs 2 a GrEStG erfüllt wird (bei Übertragung von mind 95 % der Anteile; s Viskorf, in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl, § 6 Rn 40ff). Denn die St-Befreiungsvorschrift des § 6 Abs 3 GrEStG gilt auch bei fingierten Erwerbsvorgängen iSd § 1 Abs 2 a GrEStG (s Urt des BFH v 27.04.2005, BStBl II 2005, 649). Wird die erwerbende Pers-Ges innerhalb von zehn Jahren ab der Grundstücksübertragung in eine Kap-Ges oder Gen durch Formwechsel umgewandelt, entfällt rückwirkend die GrESt-Befreiung gem § 6 Abs 3 S 2 GrEStG; die GrESt wird nacherhoben. Denn als Folge des heterogenen Formwechsels verliert der vormalige Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung am Vermögen der erwerbenden Gesamthand iSd § 6 Abs 3 S 2 GrEStG dadurch, dass die aus dem Formwechsel hervorgehende Kap-Ges nunmehr Alleineigentümerin der Grundstücke wird (s Urt des BFH v 25.09.2013, BStBl II 2014, 268 unter Rn 28–29; ebenso s van Lishaut/Schumacher, in R/H/vL, 3. Aufl, Anh 10 Rn 61; s Viskorf, in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl, § 6 Rn 59; s Pahlke, in W/M, Anh 12 Rn 28; s Gottwald, DStR 2004, 341; weiteres Schrifttum s Tz 102).
Die Einführung des § 6a GrEStG führt hier nicht zu einer anderen Beurteilung (s Tz 100).
Die (objektive) fünfjährige Behaltefrist ist durch das StÄndG 2001 mit Wirkung zum 01.01.2002 eingefügt worden (s § 23 Abs 7 GrEStG). Die (Nach-)Behaltefrist von zehn Jahren ist erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden (s § 23 Abs 18 GrEStG; dazu s Loose, in Viskorf, 20. Aufl, § 23 GrEStG Rn 120).
Die Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums gilt als rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO (s Tz 104).
Tz. 106
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Bei der Option einer Pers-Ges nach § 1a KStG gelten zwar ertragstlich die Regeln für den heterogenen Formwechsel nach § 25 UmwStG entspr (s § 1a Abs 2 S 1 und 2 KStG). Zivilrechtlich jedoch bleibt die Pers-Ges erhalten, so dass sich die Verhältnisse an der Gesamthandsberechtigung der Gesellschafter nicht ändern. Da § 6 Abs 3 S 2 GrEStG auf die Zivilrechtslage abstellt, ist der Tatbestand der Nacherhebung von GrESt nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erfüllt. Eine dem § 5 Abs 3 S 3 GrEStG entspr Sonderregelung für Optionsfälle (s Tz 103) findet sich in § 6 Abs 3 GrEStG nicht. Folglich führt eine dem Übergang von Grundstücken nachfolgende Option zur KSt nicht zum nachträglichen Wegfall der St-Vergünstigung (s Viskorf, in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl, § 6 Rn 50d; s Wagner, DStZ 2021, 604; s Behrens/Seemaier, DStR 2021, 1673; s Broemel/Tigges-Knümann, Ubg 2021, 521).