Prof. Dr. Gerrit Frotscher
DBA sind völkerrechtliche Verträge, die für den Stpfl. erst durch den Anwendungsbefehl des Parlaments Wirkung entfalten. Sie treten jedoch erst in Kraft, wenn die Ratifikationsurkunden der Staatspräsidenten ausgetauscht worden sind, was erhebliche Zeit nach der Verabschiedung des Anwendungsgesetzes des Bundestags erfolgen kann. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der DBA wird daher im BGBl und BStBl veröffentlicht.
DBA wirken als einfache Gesetze und können daher, trotz § 2 Abs. 1 AO, durch spätere oder speziellere innerstaatliche Gesetze verdrängt werden ("Treaty Override"). DBA gehören nicht zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts und haben daher nicht nach Art. 25 GG generell Vorrang vor Gesetzen.
Die DBA bestehen nicht nur aus dem eigentlichen Text, sondern auch aus angefügten Protokollnotizen und Notenwechseln, in denen die Regelungen der DBA konkretisiert, z. T. für bestimmte Fälle auch eingeschränkt werden. Diese Protokollnotizen und Notenwechsel haben Gesetzeskraft und müssen bei Beurteilung eines konkreten Falls herangezogen werden.
Die Bestimmungen der DBA müssen aus dem Zusammenhang des jeweiligen DBA ausgelegt werden, sog. autonome Auslegung. Dabei kommt dem Wortlaut besondere Bedeutung zu, sog. Ordinary meaning rule. Grundsätze des nationalen Rechts dürfen nur herangezogen werden, wenn das DBA dies ausdrücklich bestimmt, wie in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, oder wenn anders kein Auslegungsergebnis zu erzielen ist. Der Kommentar zum OECD-MA ist, entgegen der von der Finanzverwaltung vertretenen Ansicht, nicht bindend, sondern stellt nur einen Auslegungsvorschlag der beteiligten Finanzverwaltungen dar. Da der Kommentar von der OECD, und damit Beamten der beteiligten Staaten, ausgearbeitet wird, kann er wegen des Gewaltenteilungsprinzips den Inhalt des durch das Anwendungsgesetz in innerstaatliches Recht transformierten DBA nicht ändern. Ihm kann nur der Status von Gesetzesmaterialien zuerkannt werden, die zur Auslegung nur herangezogen werden können, wenn und soweit der Inhalt des Kommentars im Text des DBA einen Anhaltspunkt findet. Als Auslegungshilfe kann eine Änderung des Kommentars auch für früher abgeschlossene Abkommen herangezogen werden (sog. dynamische Auslegung), aber nur, wenn sich die Änderung bereits in dem Text des vorher abgeschlossenen DBA widerspiegelt. Insoweit kann der geänderte Kommentar im Rahmen der systematischen und der teleologischen Auslegung des früher abgeschlossenen DBA berücksichtigt werden, nicht jedoch im Rahmen der historischen Auslegung, da die spätere Änderung des Kommentars nicht zu den Gesetzesmaterialien gehören konnte. Für die historische Auslegung ist vielmehr auf den Inhalt des Kommentars abzustellen, den er zur Zeit des Abschlusses des DBA hatte (statische Auslegung).
DBA regeln nur, dass der jeweilige Staat bestimmte Einkünfte besteuern kann. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass er das auch tatsächlich tut. Es muss daher auch immer aufgrund des nationalen Rechts geprüft werden, ob der jeweilige Staat, dem das DBA für bestimmte Einkünfte das Besteuerungsrecht zuweist, diese auch tatsächlich der Steuer unterworfen hat.