Leitsatz
Ein im Außenbereich als Behelfsheim errichtetes und zunächst als solches genutztes Gebäude, das später ohne bauaufsichtliche Genehmigung zum dauernden Wohnen genutzt wird, ist in seinem Bestand auch dann nicht geschützt, wenn die zuständige Baubehörde über einen längeren Zeitraum die baurechtswidrige Nutzung duldet. Für die Anschaffung eines solchen Gebäudes besteht daher regelmäßig kein Anspruch auf Eigenheimzulage.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG , § 29 BauGB , § 35 BauGB
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb 1997 ein Grundstück zum Kaufpreis von 140.000 DM. Das 5.436 qm große Grundstück ist mit einem Haus, das teilweise gemauert ist und teilweise aus Holz besteht, bebaut.
Nach den Angaben der Klägerin gehört das Hausgrundstück zu einer Siedlung, die um 1930 auf Anordnung der Reichsluftfahrtbehörde für den Betrieb eines Feldflugplatzes errichtet worden sei. Nach Kriegsende sei die Siedlung vorübergehend von der britischen Armee genutzt und danach dem Bundesvermögensamt übergeben worden. Eine Zeit lang seien dort Über- und Umsiedler untergebracht gewesen. Später sei das Gelände mit den als Behelfsheimen bezeichneten Gebäuden vom Bundesvermögensamt an Privatpersonen verpachtet und in den 90er Jahren an sie verkauft worden. Die Gebäude der Siedlung würden zum dauernden Wohnen genutzt. Die zuständige Baubehörde sei dagegen nicht eingeschritten.
Die Siedlung liegt im Außenbereich (§ 35 BauGB); im Flächennutzungsplan ist das Gebiet als "Wald-/landwirtschaftliche Fläche" dargestellt. Bauakten für dieses Grundstück liegen nach Auskunft der zuständigen Baubehörde nicht vor; für eine Wohnnutzung sei zu keiner Zeit eine Genehmigung erteilt worden.
Die Klägerin beantragte die Gewährung einer Eigenheimzulage ab 1997. Das FA lehnte den Antrag mit der Begründung ab, das Grundstück sei nicht mit einem baurechtlich zum Dauerwohnen zugelassenen Gebäude bebaut. Klage und Revision waren erfolglos.
Entscheidung
Da der Begriff der Wohnung voraussetze, dass die Räume tatsächlich und rechtlich zum Wohnen auf Dauer geeignet seien, sei ein im Außenbereich als Behelfsheim errichtetes Gebäude, das ohne bauaufsichtliche Genehmigung zum dauernden Wohnen genutzt werde, nicht begünstigt. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die zuständige Baubehörde die Nutzung als Wohnhaus nach den Grundsätzen der Verwirkung nicht mehr untersagen könne. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob in Fällen der formellen oder materiellen Illegalität eines Bauvorhabens überhaupt eine Verwirkung in Betracht komme.
Hinweis
Wer eine Wohnung im eigenen Haus anschafft oder herstellt und diese selbst zu Wohnzwecken nutzt, kann unter weiteren Voraussetzungen Eigenheimzulage beanspruchen. Der Begriff der Wohnung setzt voraus, dass die Räume tatsächlich und rechtlich zum Wohnen auf Dauer geeignet sind. Mangelt es hieran, wird der Erwerb nicht gefördert.
Zu § 10e EStG hat der BFH entschieden, dass die Herstellung einer Wohnung nicht begünstigt ist, wenn sie entgegen baurechtlichen Vorschriften errichtet wurde. Der Nachweis für die materielle Baurechtmäßigkeit des Bauvorhabens muss danach durch eine Baugenehmigung oder eine Baubescheinigung erbracht werden.
Wird eine Wohnung angeschafft, kann aber häufig eine Baugenehmigung nicht mehr vorgelegt werden. In diesem Fall ist Eigenheimzulage zu gewähren, wenn das Gebäude in seinem Bestand geschützt ist und vom Anspruchsberechtigten uneingeschränkt zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Ein Gebäude ist in seinem Bestand geschützt, wenn es zum Zeitpunkt des Erwerbs zwar nicht dem materiellen Baurecht entspricht, zum Zeitpunkt seiner Errichtung aber baurechtgemäß war. Aber auch ein Gebäude, das zwar formell oder materiell baurechtswidrig errichtet wurde, das aber im Jahr, in dem die Eigenheimzulage begehrt wird, baurechtlichen Vorschriften entspricht, genießt Bestandsschutz. Denn die Beseitigung eines Gebäudes darf nicht angeordnet werden, wenn es mit dem materiellen Baurecht übereinstimmt.
Vom Bestandsschutz gedeckt ist aber nur die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung. Mit der Nutzungsänderung entfällt der Bestandsschutz. Für ein solches Gebäude kann Eigenheimzulage nicht beansprucht werden. Im Streitfall war ein im Außenbereich errichtetes Gebäude nur als Behelfsheim genehmigt worden, nicht dagegen für die Wohnnutzung. Insoweit bestand daher kein Bestandsschutz.
Wird ein gebrauchtes Gebäude erworben, ist im Regelfall davon auszugehen, dass es den Bauvorschriften entspricht. Eine Prüfung der Baurechtmäßigkeit wird nur in Betracht kommen, wenn Anlass besteht, an der materiellen Baurechtmäßigkeit zu zweifeln, z.B. wenn ein Grundstück im Außenbereich oder in einem Sondernutzungsgebiet erworben wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.1.2004, III R 39/02