Baurechtswidrig bewohntes Gartengrundstück – Wann sich der Fiskus bei Verkauf meldet
Raus ins Grüne, in den eigenen Garten – für immer mehr Stadtbewohner steht die eigene Parzelle in einer Gartenanlage hoch im Kurs. Am Abend und am Wochenende genießen sie die Entspannung auf ihrem Grundstück oder finden beim Gärtnern einen Ausgleich zu ihrer Schreibtischtätigkeit. Kein Wunder, dass bei manchem dann der Wunsch aufkommt, gleich dort zu wohnen. Da wird mitunter selbst die Versuchung groß, wenn das Gartenhaus nicht zum dauerhaften Wohnen zugelassen ist. Kommt es dann später einmal zum Verkauf, meldet sich das Finanzamt dennoch, falls dies innerhalb der Spekulationsfrist geschieht. Dies musste ein Verkäufer feststellen, über dessen Fall jetzt der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 26.10.2021, IX R 5/21) entschieden hat.
Besteuerung des Veräußerungsgewinns
2009 hatte der Verkäufer einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück auf einem Kleingartengelände erworben, auf dem der frühere Eigentümer ein Gartenhaus erbaut hatte. Genehmigt worden war dies unter der Auflage, dass es nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Personen genutzt werden durfte. Dennoch bewohnte der Verkäufer das Gebäude entgegen dieser Vorschrift bis zur Veräußerung im Jahr 2014. Damit begründete er auch seine Klage vor dem Finanzgericht München gegen den Einkommensteuerbescheid seines zuständigen Finanzamtes, in dem dieses den erzielten Gewinn aus privatem Veräußerungsgeschäft besteuert hatte. Da der 60 m² große Bungalow auf dem Gartengrundstück nicht zu Wohnzwecken zugelassen war, wiesen die Richter die Klage ab.
BFH: Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung
Anders bewertete der Bundesfinanzhof den Fall jedoch in der anschließenden Revision. Nach seiner Einschätzung erfordert die Steuerfreistellung nicht, dass ein Gebäude rechtlich zu Wohnzwecken geeignet sein muss. Entscheidend ist stattdessen seine tatsächliche Nutzung. Dies begründeten die Richter damit, dass das Gesetz in seinem Wortlaut die baurechtswidrige Wohnnutzung nicht ausschließt. Vielmehr hat es zum Zweck, eine Besteuerung von selbstbewohnten Gebäuden innerhalb der Spekulationsfrist zu verhindern und ordnet damit das private Wohnen dem nicht steuerbaren Bereich zu. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber die berufliche Mobilität der Bürger nicht behindern will. Immerhin könnte bei einer starren Auslegung der Spekulationsfrist sonst auch ein durch Arbeitsplatzwechsel ausgelöster Verkauf zur Besteuerung führen.
Eignung zur Nutzung als Wohnung relevanter als Baurecht
Bei der vollständigen Beurteilung des Falls kommt es nach Meinung der Richter darauf an, dass ein Gebäude grundsätzlich von seiner Beschaffenheit als Wohnraum geeignet ist. Dies betrifft vor allem die Ausstattung und die Einrichtung. Das Baurecht steht an dieser Stelle hintenan. Aus diesem ergibt sich zwar die Gefahr, dass bei einer baurechtswidrigen Nutzung die Bauaufsichtsbehörde dazu auffordert, diesen Zustand zu beenden. Die steuerliche Berücksichtigung eines verkauften Gartenhausgrundstücks wird davon aber nicht beeinflusst.
Gestützt wird die weite Auslegung durch den Bundesfinanzhof auch durch § 40 der Abgabenordnung. Denn darin ist geregelt, dass eine Besteuerung wertneutral erfolgen und an tatsächliche Gegebenheiten anknüpfen muss. Auch danach kommt es nicht darauf an, dass die Wohnnutzung alle rechtlichen Vorschriften erfüllt haben muss. Dabei setzt der Begriff „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ noch nicht einmal voraus, dass es sich um die Hauptwohnung handelt. Demnach würde selbst eine Zweitwohnung die entscheidenden Kriterien erfüllen, wenn sie auf Dauer genutzt wird.
Praxis-Tipp: Was steuerlich beim Grundstücksverkauf zu beachten ist
Grundsätzlich gilt, dass beim Verkauf von Grundstücken in Privatvermögen eine 10-jährige Spekulationsfrist zu beachten ist. Das heißt, dass erst der Gewinn aus einer Veräußerung nach dem zehnten Jahr steuerfrei bleibt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der sogenannte Spekulationsgewinn zu versteuern. Gemindert wird er allerdings um die mit dem Verkauf zusammenhängenden Werbungskosten wie Maklercourtage, Kreditzinsen und Bankspesen. Die Höhe der Steuer bemisst sich nach dem persönlichen Steuersatz.
Von der Besteuerung ausgenommen sind Immobilien, die der Verkäufer zum Verkaufszeitpunkt und in den 2 Jahren davor selbst bewohnt hat. Diese 2-Jahresfrist entfällt, wenn er im Haus ab dessen Kauf oder Fertigstellung wohnte. Hat der Immobilienverkäufer das Gebäude zuvor in Form einer Schenkung erhalten, errechnet sich der maßgebliche Zehnjahreszeitraum ab dem Datum, an dem der Schenkungsgeber die Immobilie erworben hat.
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