Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Wohnungen in einem Sondernutzungsgebiet i.S.v. § 10 BauNVO sind nach § 10e EStG begünstigt, wenn die zuständige Baugenehmigungsbehörde die dauernde Nutzung genehmigt hat. Dies gilt bis zur Rücknahme der Baugenehmigung selbst dann, wenn sie insoweit rechtswidrig ist.
Normenkette
§ 10e Abs. 1 EStG , § 10e Abs. 6 EStG , § 34f EStG
Sachverhalt
Das FA lehnte den Antrag der Kläger auf Grundförderung nach § 10e EStG, Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG sowie Baukindergeld nach § 34f EStG für ein 1994 erworbenes und in einem Sondernutzungsgebiet gelegenes Wohnblockhaus wegen baurechtswidriger Dauerwohnnutzung ab, obwohl dem Voreigentümer die Errichtung und Nutzung ohne Nutzungseinschränkung genehmigt worden war. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hat die Auffassung des FG bestätigt. Mit der – die Dauerwohnnutzung umfassenden – Baugenehmigung sei verbindlich festgestellt, dass das genehmigte Vorhaben "mit dem im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung geltenden öffentlichen Recht übereinstimme".
Danach könne eine etwaige Unvereinbarkeit der Nutzung mit materiellem Baurecht erst nach vorheriger Rücknahme der erteilten Genehmigung geltend gemacht werden. Denn die materielle Bindungswirkung einer Baugenehmigung erstrecke sich nicht nur auf den Bauherrn, seine Rechtsnachfolger, die Bauaufsichtsbehörden und die Gemeinden, sondern auch auf andere Behörden und damit auch auf die Finanzämter.
Hinweis
Wohneigentumsförderung für Ferien- oder Wochenendwohnungen ist nach § 10e Abs. 1 EStG ausgeschlossen. Danach sind Objekte, die baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen oder sich aufgrund ihrer Bauweise nicht zum dauernden Bewohnen eignen und bei denen deshalb die "Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses nicht im Vordergrund steht", von der Begünstigung ausgeschlossen.
Gleichwohl kann ausnahmsweise für eine solche Wohnung, selbst wenn sie wie im Streitfall in einem Sondernutzungsgebiet i.S.d. § 10 BauNVO (Wochenendhausgebiet, Ferienhausgebiet oder Campingplatzgebiet) liegt, § 10e EStG anzuwenden sein, wenn nach der verbindlichen Entscheidung der zuständigen Behörde die Dauernutzung der Wohnung baurechtlich genehmigt wurde. Die Baugenehmigung darf allerdings weder eine Nutzungseinschränkung noch einen Hinweis auf die – eine Dauerwohnnutzung ausschließenden – Festsetzungen des Bebauungsplans enthalten. Eine lediglich stillschweigende Duldung baurechtswidriger Dauerwohnnutzung allein genügt nicht.
Dies gilt auch für Rechtsnachfolger. Ihnen steht das Nutzungsrecht an einer Wohnung in dem Umfang zu, in dem es ihren Rechtsvorgängern zustand.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.11.2001, X R 24/00