Das erste hier zu behandelnde Qualifizierungsmerkmal eines Wirtschaftsguts als sonstiges Verwaltungsvermögen stellt gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG auf Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten ab, die an Dritte überlassen werden (nachfolgend vereinfacht Nutzungsüberlassung von Grundstücken). Insbesondere die Überlassung von Grundstücken an Dritte führt teilweise zu abweichenden Ergebnissen innerhalb der erbschaftsteuerlichen Würdigung von Unternehmensvermögen. Diese Qualifikation betrifft u.a. Unternehmen, welche Grundstücke gewerblich vermieten oder Vermietungsobjekte als betriebliche Anlage neben der eigentlichen operativ-gewerblichen Tätigkeit halten. Dabei ist jedoch zunächst zu erarbeiten, wie der Begriff "Dritte" i.S.d. ErbStG definiert wird. Als Dritter gilt zunächst jeder außerhalb des überlassenden Betriebs. Dieser Auslegung folgend sind auch Kapitalgesellschaften, welche mit dem Betrieb eine Betriebsaufspaltung bilden, zunächst als Dritte anzusehen. Jedoch sind i.R.d. der Ausnahmen bestimmte Betriebsaufspaltungen nicht als Überlassung an Dritte anzusehen. Auf die Besonderheiten der Betriebsaufspaltung wird im weiteren Verlauf des Abschnitts eingegangen (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, Stand: 7/2021, § 13b ErbStG Rz. 258 ff. m.w.N.; Korezkij, DStR 2021, 1145 m.w.N).
Beraterhinweis Wird die Nutzungsüberlassung jedoch i.R. eines Beherbergungsbetriebs mit weiteren Leistungen einheitlich getätigt (wie Zimmerservice, Reinigung etc.) ist dies regelmäßig als Produktivvermögen zu qualifizieren (vgl. ebenda).
Die Begrifflichkeit der Nutzungsüberlassung ist weniger in einem engen technischen Sinne zu verstehen, als vielmehr auf die folgenden, zusammengefassten Grundsätze abzustellen:
- Es erfolgt eine bewusste Überlassung (mit der Möglichkeit) zur Nutzung. Dabei ist nicht entscheidend, ob eine aktive Nutzung durch den Empfänger erfolgt oder die Überlassung entgeltlich oder unentgeltlich geschieht (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, Stand: 5/2021, § 13b ErbStG Rz. 93; FG Köln v. 10.6.2021 – 7 K 2718/20 (Rev. anhängig, Az. d. BFH: II R 27/21), BeckRS 2021, 25676 Rz. 51 = ErbStB 2021, 234 [Knittel])
- Grundsätzlich ist die Dauer der Überlassung für die Qualifizierung als sonstiges Verwaltungsvermögen unbedeutend (vgl. FG Köln v. 10.6.2021 – 7 K 2718/20, BeckRS 2021, 25676 = ErbStB 2021, 234 [Knittel]).
- Als zeitlich auslösendes Moment gilt der tatsächliche Beginn der Überlassung mit der Möglichkeit zur Nutzung. Die Absicht der Überlassung oder der Abschluss eines Vertrags ohne sofortige Nutzungserlaubnis begründet noch kein sonstiges Verwaltungsvermögen. Dagegen führt eine zwischenzeitliche Nichtnutzung z.B. bei Mieterwechsel nicht zu einer kurzeitigen Qualifizierung als Produktivvermögen (vgl. Stalleiken in v. Oertzen/Loose, 2. Aufl. 2020, § 13b ErbStG Rz. 108 m.w.N.; R E 13b.12 Abs. 2 Satz 1 bis 3 ErbStR 2019 und Söffing/Kucza, ErbStB 2020, 15 m.w.N.).
Nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG gehören Grundstücke, welche i.R. einer Betriebsaufspaltung zwischen der Besitz- und Betriebsgesellschaft überlassen werden, nicht zum Verwaltungsvermögen. Speziell muss die Betriebsaufspaltung beim Übergebenden bereits vor der Übertragung bestanden haben und dieser Status der Betriebsaufspaltung auf den Erwerber übergehen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss die Betriebsgesellschaft gem. R E 13b.14 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019 das an sie überlassene Grundstück unmittelbar nutzen. Grundsätzlich wird hier auf die ertragsteuerlichen Grundsätze für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung abgestellt. Allein oder mit weiteren Gesellschaftern i.S.d. Personengruppentheorie muss ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durchgesetzt werden können. Mit seinem Urteil vom 23.2.2021 hat der BFH im vorliegenden Fall eines Besitzunternehmens und einer Betriebskapitalgesellschaft klargestellt, dass eine faktische Beherrschung vorliegen muss (vgl. BFH v. 23.2.2021 – II R 26/18, DStR 2021, 1753 = ErbStB 2021, 265 [Halaczinsky]). Dabei reicht ein Einfluss auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung, z.B. durch Prokura, ohne die Möglichkeit der Erlangung einer Stimmrechtsmehrheit nicht aus. Dieser einheitliche geschäftliche Betätigungswille muss sowohl in Besitz- als auch Betriebsgesellschaft unmittelbar durchsetzbar sein. Durch den Zusatz der "unmittelbaren Durchsetzung" geht diese Ausnahme i.V.m. den ErbStR insoweit über die einkommensteuerlichen Grundsätze der Betriebsaufspaltung hinaus. Dieser Zusatz hat allerdings zur Folge, dass bei nachgelagerten Betriebsaufspaltungen innerhalb einer Konzernstruktur sich bedingt durch die oftmals nur mittelbare Durchsetzung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens keine Ausnahmeregelung nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG in Anspruch genommen werden kann. In solchen Fällen ist anschließend die Ausnahme zur konzerninternen Überlassung von Grundstücken an Dritte zu prüfen (s.u.).
Die beschriebene Ausnahme gilt jedoch nicht für jed...