Liegt begünstigungsfähiges Vermögen vor, stellt sich in der Prüfungsreihenfolge nun die Frage, inwieweit dieses aus begünstigtem Vermögen und schädlichem, grundsätzlich steuerpflichtigen Verwaltungsvermögen besteht. Der Gesetzgeber teilt dabei das begünstigungsfähige Unternehmen zunächst in verschieden zu würdigende Vermögensteile auf:
- Diese sind das Produktivvermögen und das Verwaltungsvermögen.
- Letzteres ist wiederum in das sonstige Verwaltungsvermögen und die Finanzmittel zu untergliedern.
- Das Verwaltungsvermögen insg. ist im Ergebnis in einen schädlichen und unschädlichen Teil zu separieren.
Der schädliche Teil wird wie eine private Kapitalanlage behandelt, für den keine Verschonung gewährt wird. Damit ist schädliches Verwaltungsvermögen grundsätzlich steuerpflichtig. Der unschädliche Teil kann wiederum indirekt verschont werden. Dieser Teil ergibt sich dadurch, dass der Gesetzgeber voraussetzt, dass jedes Unternehmen einen gewissen Umfang an Verwaltungsvermögen hält. Die Berücksichtigung als unschädliches Verwaltungsvermögen erfolgt dann z.B. durch den "Sockelbetrag" oder den "Schmutzzuschlag" (teilweise auch "Kulanzpuffer" oder "Unschädlichkeitsgrenze" genannt). Auch ist Verwaltungsvermögen, welches i.R.d. §§ 13a, 13b ErbStG mit Schulden verrechnet wird, unschädlich (vgl. R E 13b.9 Abs. 2 ErbStR 2019 und Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, Stand: 7/2021, § 13b ErbStG Rz. 381, 386).
Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass das Produktivvermögen eines Unternehmens im weiten Sinne, rechnerisch nach §§ 13a, 13b ErbStG der Restbetrag des Unternehmenswertes nach Abzug des schädlichen Verwaltungsvermögens ist (vgl. Lüdicke/Oppel in Lüdicke/Sistermann, Unternehmenssteuerrecht, 2. Aufl. 2018, § 16 Rz. 65). Im engeren Sinne kann das Produktivvermögen auch als der Teil des Unternehmenswerts verstanden werden, der grundsätzlich kein Verwaltungsvermögen darstellt. Denn angestrebt wird die Abgrenzung des begünstigten, produktiven Vermögens vom – zunächst – grundsätzlich nicht begünstigten, nicht produktiven Vermögen (vgl. Hanne/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, 18. Aufl. 2021, § 13b ErbStG Rz. 47).
Welche definitorische Ausprägung gewählt wird, ist jedoch, wie in nachfolgender Abbildung dargestellt, unerheblich. Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 ErbStG ist das begünstigungsfähige Vermögen begünstigt, soweit sein gemeiner Wert das endgültig schädliche Verwaltungsvermögen – falls vorhanden – (steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen) übersteigt. Das endgültig schädliche Verwaltungsvermögen besteht somit aus dem gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens, dem jungen sonstigen Verwaltungsvermögen und den jungen Finanzmitteln. In der nachfolgenden Abbildung umfasst der übersteigende Teil nach obiger, enger Auslegung das Produktivvermögen und das unschädliche Verwaltungsvermögen.
Abb. 1: § 13b-EStG-Ampel nach enger Auslegung des Produktivvermögens
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an §§ 13a, 13b ErbStG