Nach § 20 Satz 1 Nr. 4 UStG i.d.F. von Art. 9 des JStG 2020 kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass eine jPöR ihre Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Voraussetzung ist aber, dass die jPöR nicht aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig Bücher führt und auf aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse macht.
Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass insbesondere kirchliche jPöR sowie überwiegend Bund und Länder nicht die doppelte Buchführung anwenden, sondern eine kamerale, auf dem Zufluss- und Abflussprinzip basierende Buchführung. Diese entspricht nicht dem grundsätzlich für die Umsatzbesteuerung geltenden Soll-Prinzip (Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten), sondern dem Ist-Prinzip (Berechnung der Besteuerung nach den vereinnahmten Entgelten). § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG ermöglichte diesen jPöR nur dann die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten, wenn die Umsatzgrenze von 600.000 EUR (bis 2019: 500.000 EUR) nicht überschritten war.
Art. 66 MwStSystRL gestattet es den Mitgliedstaaten, für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen festzulegen, dass der Steueranspruch spätestens bei der Vereinnahmung des Preises entsteht. Diese Gruppe der Steuerpflichtigen, für die die neue Regelung gelten wird, ist auf jPöR beschränkt, die weder gesetzlich verpflichtet sind, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, und dies auch nicht freiwillig tun. Die Regelung berücksichtigt somit die besonderen Umstände von jPöR in den Bereichen, in denen keine kaufmännische Buchführung erfolgt und auch nicht gesetzlich vorgesehen ist, ohne den Steueranspruch zu gefährden.
Übersehen wird dabei – wie in der Praxis so oft –, dass § 20 UStG nur die Steuerentstehung für Ausgangsumsätze regelt. Der Zeitpunkt des Vorsteuer-Abzuges richtet sich dagegen auch bei Ist-Besteuerern nach den allgemeinen Regeln des § 15 UStG, d.h. die Eingangsleistung muss erbracht worden sein, und der Leistungsempfänger muss eine vollständige und richtige Eingangsrechnung besitzen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Macht der Leistungsempfänger den Vorsteuer-Abzug erst später, bei Bezahlung der Eingangsrechnung, geltend, kann dies schlimmstenfalls aus verfahrensrechtlichen Gründen zum vollständigen Verlust des Vorsteuer-Abzugs führen. Nach dem EuGH-Urt. v. 10.2.2022 ist zwar eine Neuregelung erforderlich, die bisherige nationale Rechtslage gilt allerdings weiter.