Sodann bestimmt sich die Frage des Vorliegens einer ersten Tätigkeitsstätte nach einer eventuell vorliegenden Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitgeber. Beachten Sie: Liegt eine solche Zuordnung nicht vor, kann sich eine erste Tätigkeitsstätte auch aus quantitativen Kriterien ergeben.
Arbeits-/dienstrechtliche Festlegung: Die Zuordnung zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig anhand der arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen durch den Arbeitgeber. Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen. Folge der Zuordnung: Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte entsprechend zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser oder auch anderen Tätigkeitsstätten ausübt, d.h. auch ein nur gelegentlicher Aufenthalt an der Tätigkeitsstätte reicht aus.
Dauerhaftigkeit der Zuordnung: Erforderlich ist jedoch, dass die Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber dauerhaften Charakter hat. Dies ist der Fall bei
- unbefristeter Zuordnung. Dies ist der Fall, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt,
- Zuordnung für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses,
- Zuordnung über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus.
Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen, ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung tätig werden soll, ist keine Zuordnung i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG.
Persönliches Erscheinen des Arbeitnehmers: Erforderlich ist in jedem Fall, dass der Arbeitnehmer zumindest in ganz geringem Umfang in der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Die Abgabe von Krank- oder Urlaubsmeldungen durch Dritte (z.B. mittels Post, Bote oder Familienangehörige) reicht für eine Zuordnung ebenfalls nicht aus, da ein Tätigwerden auch ein persönliches Erscheinen des Arbeitnehmers voraussetzt.
Eindeutige Kommunikation der Zuordnungsentscheidung: Außerdem ist zu beachten, dass der Arbeitgeber die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung eindeutig dokumentieren muss, z.B. durch Regelungen im Arbeitsvertrag, in Protokollnotizen, dienstlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reisekostenabrechnungen etc.
Eine (stillschweigende) Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ergibt sich nicht allein daraus, dass der Arbeitnehmer die Einrichtung (aus der maßgeblichen Sicht ex ante) nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen aber seine Arbeitsleistung ganz überwiegend außerhalb der festen Einrichtung erbringt.
Beraterhinweis Da § 9 Abs. 4 EStG nur die Möglichkeit einer Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vorsieht, kann er nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat (sog. Negativfestlegung).
Verzichtet der Arbeitgeber auf eine Zuordnung, erfolgt im nächsten Schritt die Prüfung, ob eine erste Tätigkeitsstätte ggf. nach quantitativen Kriterien vorliegt.