Keine Prüfung des Vertrauensschutzes: Der BGH ging in seinen sog. Zytostatika-Entscheidungen davon aus, dass der Leistende in dem Fall, dass er seine Steuerschuld korrigiert, seinen Vorsteuerabzug verliert. Soweit ersichtlich hat der BGH hierbei allerdings die vorgenannten Vertrauensschutzgesichtspunkte (s. VI. 4. a)) nicht geprüft. Das wäre in weiteren Entscheidungen also nachzuholen.
Ausgleich gem. BGH-Rspr.: Allerdings hat der BGH den von ihm angenommenen Verlust des Vorsteuerabzugs in diesen Entscheidungen ausgleichend dabei berücksichtigt, in welcher Höhe die Rückzahlungsverpflichtung des Leistenden gegenüber dem Leistungsempfänger entsteht.
Vergleichbare Situation: Diese Entscheidungen betrafen Konstellationen, in denen ebenfalls – wie im vorliegenden Vermietungsfall – nachträglich erkannt wurde, dass Umsätze, die aufgrund von Verwaltungsanweisungen als steuerpflichtig behandelt worden waren, tatsächlich steuerfrei waren. Die Vertragsparteien hatten allerdings sog. Bruttopreise (oder Festpreise) vereinbart.
Nichtanwendung der Nichtbeanstandungsregelungen: Zwar erließ die Finanzverwaltung Übergangsregelungen. Gleichwohl forderten die Leistungsempfänger die an die Leistenden gezahlten MwSt-Beträge zurück, da sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, so dass sich hierdurch die von ihnen zu zahlenden Preise erhöht hatten.
Rückzahlungsanspruch trotz Bruttopreisabrede: Der BGH entschied, dass im Fall von Bruttopreisabreden eigentlich kein Anspruch des Kunden auf Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten MwSt-Beträgen gegeben sei. Es sei aber eine Vertragsanpassung geboten, die dem Umstand Rechnung trage, dass nachträglich festgestellt worden sei, dass die zugrunde liegenden Umsätze mehrwertsteuerfrei seien. Die beteiligten Parteien hätten sich – aufgrund der vorliegenden Anweisungen der Finanzverwaltung – über die Mehrwertsteuerpflicht bzw. -freiheit der Umsätze geirrt. Es liege damit eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB zu füllen sei. Trotz Bruttopreisabrede sollte also – zumindest in diesen Fällen – dem Grunde nach ein Anspruch der Leistungsempfänger auf Rückzahlung der an die Leistenden gezahlten Mehrwertsteuer bestehen.
Damit Verlust des Vorsteuerabzugs: Im Grunde genommen hätten die Leistenden dann die MwSt-Beträge zurückzahlen müssen und hätten – hiervon ging der BGH, wie gesagt, aus – die Vorsteuern, die sie zuvor (also bei Anwendung der alten Verwaltungsregeln) geltend gemacht hatten, verloren.
Ausgleich durch Reduzierung der Rückzahlung: Der BGH hat daher den sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung ergebenden Rückzahlungsanspruch der Leistungsempfänger nicht in voller Höhe bejaht. Er hat ihn vielmehr nur in Höhe der Differenz zwischen den vertraglich tatsächlich vereinbarten Entgelten (einschl. der MwSt) und den Preisen zuerkannt, die die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als redliche Vertragspartner hypothetisch vereinbart hätten, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Umsätze bekannt gewesen wäre und sie ihrer Willensbildung weiter – als hypothetischen Umstand – zugrunde gelegt hätten, dass auch die Finanzbehörden bereits zum damaligen Zeitpunkt von einer Umsatzsteuerfreiheit ausgingen. Der Rechtsgrund für die Zahlungen der Leistungsempfänger sei in Höhe dieser Differenz (also in Höhe der Differenz zwischen den vertraglichen Bruttopreisen und den um die Vorsteuern, die die Leistenden verloren, erhöhten Nettopreisen) entfallen.