Kurzbeschreibung
Mit der Verpflichtung für Arbeitgeber die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum 1.1.2023 einzuführen, treten besonders bei der praktischen Umsetzung Fragen und Probleme auf. Für einen möglichst reibungslosen Ablauf bei der Umsetzung, führt die FAQ in der Praxis häufig gestellte Fragen auf.
Vorbemerkung
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen, unabhängig davon, ob er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat oder nicht.
Für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte gilt seit dem 1.1.2023, dass sie nicht mehr selbst die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen, vielmehr haben die Arbeitgeber die Möglichkeit, diese selbst bei der zuständigen Krankenkasse abzurufen (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Die Beschäftigten müssen den Arbeitgeber informieren, dass sie länger arbeitsunfähig sind und dass die entsprechende Bescheinigung über die Krankenkasse abrufbar ist.
Mit dem neuen Verfahren gehen eine Vielzahl an Fragen einher. Diese FAQ greift häufig gestellte Fragen auf und gibt hilfreiche Tipps für die Umsetzung in der Praxis.
Um die Mitarbeiter über die Umstellung auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu informieren, empfiehlt sich ein auf den Prozess im Unternehmen angepasstes Informationsschreiben. Um Beschäftigte über deren vollständige Verpflichtungen im Rahmen einer Arbeitsunfähigkeit zu informieren, eignen sich ausführliche Merkblätter.
Geltungsbereich
1. Werden Meldungen zu Kind krank und Kur auch über die eAU übermittelt oder läuft dies weiter über Papierbescheinigungen und es muss nichts elektronisch abgerufen werden? |
Im Verfahren zur Erlangung von Kinderkrankengeld (§ 45 Abs. 1 SGB V) bzw. zur (unbezahlten) Freistellung wegen Erkrankung des Kindes, falls kein Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht (§ 45 Abs. 5 SGB V), bleibt es bei der ärztlichen Bescheinigung in Papierform. Auch bei stationärem Aufenthalt zur Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 44 Abs. 1 SGB V) wird keine von der Krankenkasse elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übermittelt, auch hier bleibt es bei der vom Arbeitnehmer in Papierform vorzulegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. |
2. Was ist mit Arztbesuchen im Ausland? |
Ärzte im Ausland sind an das deutsche System der Telematik-Infrastruktur der gesetzlichen Krankenkassen nicht angeschlossen. AU-Bescheinigungen von Ärzten im Ausland werden deshalb weiterhin in Papierform erteilt und müssen vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber in Papierform vorgelegt werden |
3. Wer ist bei Leiharbeitnehmer abrufberechtigt? |
Der Arbeitgeber (= Verleiher) bzw. die von ihm mit der Lohnabrechnung beauftragte Stelle. Der Entleiher ist nicht abrufberechtigt; zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer besteht kein (Arbeits-)Vertragsverhältnis. |
Anpassung des Arbeitsvertrags
4. Ist eine Anpassung der Arbeitsverträge erforderlich oder reicht ein Verweis auf den Paragraphen? |
§ 12 EFZG ("Unabdingbarkeit") verbietet nachteilige Abweichungen von den Regelungen des EFZG, es sei denn, eine solche Abweichung wird durch Gesetz erlaubt. Dies gilt sowohl für nachteilige abweichende Vereinbarungen durch Arbeitsvertrag als auch für tarifvertragliche Abweichungen oder Regelungen einer Betriebsvereinbarung. Da § 12 EFZG dem Schutz der Arbeitnehmer dient, ist eine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen des EFZG (nur) dann zulässig, wenn sich die abweichende Regelung nicht zuungunsten der Arbeitnehmer auswirkt. Eine arbeitsvertragliche Regelung, die – wie in der Praxis häufig z.B. durch Wiedergabe des Gesetzeswortlauts von § 5 Abs. 1 Satz 2-5 EFZG – die Pflicht des Arbeitnehmers zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorsieht, weicht ab 1.1.2023 zum Nachteil des Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse von der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1a EFZG ab. Es handelt sich hierbei dann um einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, sodass gem. § 134 BGB die jeweilige Vertragsbestimmung nichtig ist. Dass die Vertragspartner beim Abschluss des Vertrags gar keine Umgehungsabsicht hatten, ist unerheblich. An die Stelle der nichtigen einzelvertraglichen Bestimmung treten dann die gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet:
- Bei Altverträgen mit einer zum 1.1.2023 nichtigen Regelung der Vorlagepflicht ist nicht zwingend eine Vertragsänderung erforderlich, da bei Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse anstelle der nichtig gewordenen vertraglichen Regelung "automatisch" die gesetzliche Neuregelung des § 5 Abs.1a EFZG gilt.
- Bei Neuverträgen sollte der gesetzlichen Neuregelung aber natürlich Rechnung getragen werden. Wird in einem Arbeitsvertrag lediglich generell (dynamisch) auf das Gesetz verwiesen (z.B.: "Für den Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gelten die gesetzlichen Regelungen.") besteht kein Anpassungsbedarf.
Beispiel-Klausel für Neuverträge: "Der Arbeitnehmer ist verpflichtet... |