Jean Bramburger-Schwirkslies, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Maßgebend ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und zwar unabhängig davon, welches Verkehrsmittel der Arbeitnehmer benutzt. Die Entfernung ist auf volle Entfernungskilometer abzurunden, d. h., angefangene Kilometer bleiben unberücksichtigt.
Bei der Nutzung eines Kfz kann auch statt der kürzesten die verkehrsgünstigste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird. Das gilt auch für öffentliche Verkehrsmittel, wenn diese bei der Streckenführung der verkehrsgünstigsten Straßenverbindung folgen. D. h., dass die längere Strecke zugrunde gelegt werden kann, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist. In seinen Urteilen hat der BFH entschieden, wann die Voraussetzung "offensichtlich verkehrsgünstiger" erfüllt ist.
Eine Strecke kann auch dann offensichtlich verkehrsgünstiger sein, wenn nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten ist. Bei der Beurteilung, ob eine Strecke verkehrsgünstiger ist, kommt es nach den Urteilen des BFH unter anderem auf die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln, das Entstehen von Staus und ähnliche Kriterien an. Laut einem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2017 ist Voraussetzung für eine offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke eine mindestens 10 %ige Zeitersparnis.
Verkehrsgünstigere Strecke
Die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 10 km. Anstelle der kürzesten Straßenverbindung nutzt der Arbeitnehmer eine Strecke, die 2 km länger ist. Dafür behindern auf dieser Strecke nur 2 statt 8 Ampeln den Verkehrsfluss. Konsequenz ist, dass die um 2 km längere Strecke verkehrsgünstiger ist. Bei der Berechnung der Entfernungspauschale ist also von 12 km auszugehen.
Vermeiden von Verkehrsstaus
Die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 16 km. Anstelle der kürzesten Straßenverbindung nutzt der Arbeitnehmer eine Strecke, die 4 km länger ist. Bei der längeren Strecke umgeht er die Verkehrsstaus, die regelmäßig während der Hauptverkehrszeiten entstehen. Er kann bei der Berechnung der Entfernungspauschale von 20 km ausgehen.
Die längere verkehrsgünstigere Strecke darf nur dann zugrunde gelegt werden, wenn diese Strecke auch tatsächlich zurückgelegt wird. Allein das Vorhandensein einer anderen verkehrsgünstigeren Strecke reicht allein nicht aus.
Kürzere Strecke kann vorteilhafter sein
Arbeitnehmer können bei der Berechnung der Entfernungspauschale immer die längere Strecke zugrunde legen, wenn sie offensichtlich verkehrsgünstiger ist. Dabei kommt es nicht auf die Dauer der Zeitersparnis an. Es reicht aus, wenn auf der längeren Strecke der Verkehrsfluss schneller ist, als auf der kürzesten Strecke.
Aber: Nutzt der Arbeitnehmer einen Firmenwagen, bei dem die private Nutzung pauschal mit 1 % ermittelt wird, dann wird auch der Kostenanteil für Fahrten zum Betrieb pauschal ermittelt. In dieser Situation ist es regelmäßig günstiger, wenn zur Berechnung der Entfernungspauschale eine möglichst kurze Strecke angesetzt wird.
Der BFH stellt klar, dass es nach der geltenden Rechtslage für die Entfernungspauschale die kürzeste Straßenverbindung auch dann maßgeblich ist, wenn sie mautpflichtig ist oder mit dem Verkehrsmittel, das der Arbeitnehmer tatsächlich verwendet, straßenverkehrsrechtlich nicht benutzt werden darf.
Nicht nutzbare Strecke
Die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 9 km und verläuft durch einen mautpflichtigen Tunnel. Der Tunnel darf nur von Fahrzeugen befahren werden, die nach ihrer Bauart eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h zurücklegen können. Das Moped, das der Arbeitnehmer nutzt, erfüllt diese Voraussetzungen nicht, sodass er damit nicht durch den Tunnel fahren darf. Stattdessen nutzt der Arbeitnehmer für seine Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte eine Strecke von 27 km. Hierfür benötigt er gegenüber der kürzeren Verbindung eine längere Fahrzeit.
Ergebnis: Bei der Berechnung der Entfernungspauschale sind 9 km zugrunde zu legen, auch wenn er diese Strecke nicht nutzen darf.
Im Übrigen gilt Folgendes:
- Teilstrecken mit steuerfreier Sammelbeförderung sind bei der Ermittlung der Entfernungskilometer nicht einzubeziehen.
- Eine Fährverbindung ist einzubeziehen, wenn sie zumutbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Strecke, die die Fähre zurücklegt, wird bei der Ermittlung der Entfernung nicht einbezogen. Dafür dürfen neben der Entfernungspauschale die tatsächlichen Fährkosten abgezogen werden.
- Gebühren für die Nutzung eines Tunnels oder einer Straßenverbindung (Mautgebühren) dürfen nicht zusätzlich zur Entfernungspauschale abgezogen werden.
- Finden Hin- und Rückfahrt an zwei verschiedenen Tagen statt, z. B. bei Nachtschichten, ist jeweils nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag zu berücksichtigen.