Leitsatz
1. Ermittelt jemand eine dem Rechtsträger selbst nicht bekannte Rechtsposition, so hat sich eine daraus ergebende Geschäftschance noch nicht wie eine sog. Zufallserfindung zu einem greifbaren Vermögenswert und damit zu einem Wirtschaftsgut am Markt verfestigt, wenn der Erfolg ihrer Verwirklichung noch ungewiss ist.
2. Weist jemand einen anderen auf die Möglichkeit einer Rechtsposition hin und wird er für diesen "werthaltigen Tipp" aufgrund eines partiarischen Rechtsverhältnisses am Erfolg der Realisation beteiligt, so erzielt er steuerbare Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG , § 22 Nr. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist als Rechtsanwalt und Notar selbstständig tätig und verpflichtete sich 1994 im Rahmen eines "Beteiligungsvertrags" gegenüber der P-GmbH, dieser einen ihr bisher nicht bekannten Vermögenswert nachzuweisen. Dafür hatte die GmbH den Kläger an dessen Realisation mit einem Betrag von 15 % des erlangten Vermögenswerts zu beteiligen. Die GmbH sollte diese Vermögensdisposition rechtlich prüfen, ggf. geltend machen und realisieren.
Dieser "Vermögenswert" betraf folgenden Sachverhalt:
Die P-GmbH ist Rechtsnachfolgerin der früheren Eigentümerin zweier in der Innenstadt von Berlin gelegener Grundstücke, die im Jahr 1966 für 9,2 Mio. DM an das Land Berlin veräußert wurden, um nach ausdrücklicher Bestimmung im Vertrag die im Bebauungsplan vorgesehenen städtebaulichen Maßnahmen durchführen zu können. Der freihändige Verkauf i.S.v. § 87 Abs. 2, § 88 des Bundesbaugesetzes (a.F.) erfolgte, um eine sonst drohende Enteignung zu vermeiden.
Der Bebauungsplan wurde aber 1989 durch einen anderen ersetzt, der die geplante städtebauliche Maßnahme nicht mehr vorsah. 1993 verkaufte das Land Berlin eines der Grundstücke für 103.165.000 DM. Diesen Sachverhalt erfuhr der Kläger aus der Tagespresse.
Nach Einsicht in das Grundbuch und den dort vorgefundenen Vertrag aus dem Jahr 1966 empfand er es wegen der im Vertrag niedergelegten Zweckbindung des Verkaufs an das Land Berlin als ungerecht, dass das Land den Mehrerlös trotz Aufgabe des Verwendungszwecks sollte behalten dürfen. Um sich für die Weitergabe eines so werthaltigen Tipps eine Belohnung zusichern zu lassen, ermittelte er, dass Rechtsnachfolgerin der früheren Eigentümerin die P-GmbH ist. Mit dieser schloss er den Beteiligungsvertrag.
Die Realisation hatte erst in letzter Instanz vor dem BGH Erfolg: Das Land Berlin wurde verurteilt, das Grundstück unentgeltlich auf die P-GmbH zu übertragen und überdies Schadenersatz i.H.v. 31 Mio. DM zu leisten. Wegen der übrigen Vermögenswerte einigten sich die Eigentümerin der P-GmbH und das Land Berlin im Rahmen eines Vergleichs.
Im Anschluss daran erhielt der Kläger seine Belohnung i.H.v. 9.773.000 DM, die das FA der Einkommensteuer unterwarf. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des BFH sind die im Streitjahr zugeflossenen 9.773.000 DM nach § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung zu unterwerfen, weil die Weitergabe von Informationen Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und ein solcher Vertrag keine Veräußerung einer greifbaren Vermögensposition darstellt.
Hinweis
1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S.d. Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Da im Streitfall schon mangels rechtsanwaltlicher Dienstleistung des Klägers eine Zuordnung der Geldzahlung zu seinen Einkünften aus selbstständiger Arbeit zu verneinen war, kommt es für die mögliche Steuerbarkeit nach § 22 Nr. 3 EStG allein darauf an, ob seine Tätigkeit Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags war und sich nicht als Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher Vorgang im privaten Bereich darstellt (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2001, IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643, m.w.N.). Die Leistung des Klägers, einem Dritten die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Realisation eines ihm zuvor nicht bekannten Vermögenswerts nachzuweisen, kann als Weitergabe von Informationen zur Durchsetzung von Ansprüchen Gegenstand des entgeltlichen Beteiligungsvertrags sein (vgl. dazu BFH, Urteil vom 21.9.1982, VIII R 73/79, BStBl 1983 II, 201).
Eine solche Vereinbarung betrifft auch nicht die Aufgabe eines Vermögensgegenstands in seiner Substanz oder dessen Übertragung, weil dem Nachweis der tatsächlichen Möglichkeit für die Durchsetzung einer Rechtsposition der Charakter einer greifbaren Vermögensposition zumindest dann fehlt, wenn wie hier eine weitere Prüfung über die rechtlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs als erforderlich angesehen wird (vgl. BFH, Beschluss vom 7.8.2000, GrS 2/99, BStBl 2000 II, 632).
2. Darin liegt der Unterschied zu einer sog. Zufallserfindung, die sich nicht lediglich in einer Idee erschöpft, sondern als eine patentierbare technische Lehre zur Lösung des Problems dargestellt ist (vgl. dazu i...