Leitsatz
Bildet ein Steuerpflichtiger mit seinem volljährigen Sohn eine Haushaltsgemeinschaft, so ist er nicht "allein stehend" i. S. d. § 24b Abs. 2 EStG, wenn er für den Sohn weder einen Anspruch auf Kinderfreibetrag noch auf Kindergeld besitzt.
Sachverhalt
Im Streitjahr lebte der Kläger mit seinen zwei volljährigen Söhnen in seiner Wohnung. Ein Sohn befand sich im Streitjahr 2008 in Ausbildung und ist gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG als Kind zu berücksichtigen. Der andere Sohn übte im Streitjahr eine Vollbeschäftigung aus. Das Finanzamt lehnte die Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende wegen der Bildung einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person ab. Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, es habe im Streitjahr keine schädliche Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bestanden, da sich sein berufstätiger Sohn weder finanziell noch tatsächlich an der Haushaltsführung beteiligt hätte. Er ist ferner der Ansicht, dass die gesetzliche Vermutung des § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG bereits nach dem Gesetzeswortlaut widerlegbar sei.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist die Zugehörigkeit zum Haushalt anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des allein stehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist. Eine Altersgrenze für das Kind sieht § 24b EStG nicht vor. "Alleinstehend" i. S. d. § 24b Abs. 1 EStG ist, wer nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens nach § 26 Abs. 1 EStG erfüllt und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet, es sei denn, für diese steht ihm ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu. Ist die andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, wird gemäß § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet. Der nicht mehr in Ausbildung befindliche Sohn unterhielt mit seinem Bruder und seinem Vater unabhängig von einem finanziellen Beitrag einen gemeinsamen Haushalt, weil er im Streitjahr im Haus des Klägers wohnte und dort keinen getrennten Haushalt führte. Das FG geht davon aus, dass sämtliche familienbezogenen Wohnräume gemeinschaftlich benutzt wurden. Der Einwand des Klägers, sein nicht mehr in Ausbildung befindlicher Sohn habe die meiste Zeit bei seiner Freundin verbracht, hebt die gemeinsame Hauhaltsgemeinschaft nicht auf. Es sind keine objektiven Umstände erkennbar, die die gesetzliche Vermutung widerlegen.
Hinweis
Nach dem Urteil des BFH v. 25.10.2007 (III R 104/06, BFH/NV 2008 S. 545) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss des Entlastungsbetrags für Steuerpflichtige, die eine Haushaltsgemeinschaft mit einem volljährigen Kind bilden, für das ihnen weder ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG noch Kindergeld zusteht. Gegen das Urteil des BFH wurde zwar Verfassungsbeschwerde eingelegt (2 BvR 266/08), welche das BVerfG jedoch nicht zur Entscheidung angenommen hat. Das FG hat trotzdem die Revision gegen das vorstehende Urteil nach § 115 Abs. Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen. In dem Verfahren III R 26/10 muss daher der BFH erneut über die gleiche Rechtsfrage entscheiden.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.03.2010, 5 K 197/09