BMF und JStG 2022: Eine aktuelle Betrachtung
[Ohne Titel]
Dr. Matthias Gehm
Das BMF hat mit Schreiben v. 23.11.2022 (BMF v. 23.11.2022 – IV C 8 - S 2265-a/22/10001 :001 – DOK 2022/1165370, BStBl. I 2022, 1634 = EStB 2023, 17 [Gehm]) sein bisheriges Schreiben v. 23.10.2017 (BMF v. 23.10.2017 – IV C 8 - S 2265 - a/14/10005 – DOK 2017/0877364, BStBl. I 2017, 1432 = EStB 2017, 476 [Apitz]) zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ersetzt. Auch hat der Gesetzgeber ab 1.1.2023 durch das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) v. 16.12.2022 (BGBl. I 2022, 2294 = EStB 2022, 442 [Günther]) den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für das erste Kind von 4.008 EUR auf 4.260 EUR im Jahr angehoben. Anlässlich dessen soll hier eine aktuelle Betrachtung der wesentlichen Punkte der Regelung des § 24b EStG erfolgen.
1. Allgemeines
Hintergrund = Kompensation der besonderen Belastung Alleinerziehender: Hintergrund der Regelung des § 24b EStG ist, dass Personen, die als Alleinerziehende ihren Haushalt nur mit ihren Kindern führen – mangels Synergieeffekten durch eine gemeinsame Haushaltsführung – vergleichsweise höhere Lebenshaltungskosten gegenüber Personen zu tragen haben, die dies zusammen mit einem Partner tun. Die hierdurch bedingte geminderte steuerliche Leistungsfähigkeit Alleinerziehender soll nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Entlastung nach § 24b EStG zumindest teilweise kompensiert werden.
Beraterhinweis Bei der Auslegung des § 24b EStG ist die gesetzgeberische Zielsetzung zu beachten, die darin besteht, dass die besondere Belastung, die einer alleinstehenden und alleinerziehenden Person entsteht, typisierend kompensiert werden soll.
Gesetzliche Entwicklung: § 24b EStG – eingefügt durch das HBeglG 2004 v. 29.12.2003 – löste den Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs. 7 EStG a.F. ab. In der Folgezeit wurde der Entlastungsbetrag auch für Kinder über 18 Jahren gewährt, wenn dem Steuerpflichtigen für dieses ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG bzw. Kindergeld zusteht. Aufgrund des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes v. 29.6.2020 wurde für das erste Kind der Entlastungsbetrag – zeitlich befristet für die Jahre 2020 und 2021 – auf 4.008 EUR angehoben. Durch das JStG 2020 v. 21.12.2020 wurde diese Erhöhung für permanent erklärt. Mit dem JStG 2022 v. 16.12.2022 wurde dieser Betrag ab 1.1.2023 abermals auf 4.260 EUR angehoben. Diese Anhebung geht auf den Finanzausschuss des Bundestages zurück.
Nach § 2 Abs. 3 EStG findet der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beim Gesamtbetrag der Einkünfte Berücksichtigung.
Staffelung nach Kinderzahl: Der Entlastungsbetrag ist – vorausgesetzt die Tatbestandsmerkmale des § 24b EStG sind für die Kinder erfüllt – nach der Kinderzahl gestaffelt. Für das erste Kind werden im Jahr ab 1.1.2023 4.260 EUR und für jedes weitere Kind jährlich 240 EUR gewährt.
Antragserfordernis: Nach § 24b Abs. 1 S. 1 EStG wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nur auf Antrag gewährt.
Keine Aufteilungsmöglichkeit: Eine Aufteilung zwischen den Eltern ist nicht möglich, so dass immer nur ein Elternteil die Entlastung nach § 24b EStG geltend machen kann.
Beachten Sie: Dies gilt auch, wenn die Eltern hinsichtlich eines Kindes das sog. Wechselmodell anwenden, wonach das gemeinsame Kind wechselseitig eine Woche bei dem einen Elternteil und eine Woche beim anderen Elternteil untergebracht ist. Auch sollen die Eltern nicht kindbezogen den Entlastungsbetrag unter sich aufteilen können – also für das erste Kind der eine und für das zweite Kind der andere Elternteil den Betrag geltend machen können.
§ 24b EStG wird als verfassungskonform erachtet.