Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine Besteuerung der Entnahme eines Fahrzeugs aus dem Unternehmen nach Ablauf des 5-jährigen Berichtigungszeitraums ist zweifelhaft. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist die Vollziehung des Bescheids auszusetzen.
Sachverhalt
Ein Unternehmer erwarb in 2002 ein Fahrzeug und nahm - gemäß der 2002 geltenden Beschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG - aus den Anschaffungskosten den Vorsteuerabzug zu 50 % vor. Nach Ablauf des 5-jährigen Berichtigungszeitraums nach § 15a Abs. 1 UStG wurde das Fahrzeug aus dem Unternehmen entnommen. Das Finanzamt unterwarf die Entnahme des Fahrzeugs nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG mit den Wiederbeschaffungskosten der Umsatzsteuer. Der Steuerpflichtige wandte sich gegen die Besteuerung, da der Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG abgelaufen war. Einspruch und außergerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids blieben erfolglos.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat im Aussetzungsverfahren die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids ausgesetzt, die Entscheidung in der Hauptsache bleibt jedoch abzuwarten. Neben den üblichen Erwägungsgründen zur Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids problematisiert das Finanzgericht den Regelungsgehalt des § 3 Abs. 1b UStG. Dabei werden die für und gegen eine Besteuerung der Entnahme sprechenden Gründe gegeneinander abgewogen. Ausschließlicher Zweck der Entnahmebesteuerung könnte es sein, einen ursprünglich bei Erwerb zu Recht vorgenommenen Vorsteuerabzug rückgängig zu machen oder zu "berichtigen", um die Besteuerung des Endverbrauchs sicherzustellen und den selbstversorgenden Unternehmer mit einem Endverbraucher gleichzustellen. Für eine solche Sichtweise könnten auch die Hinweise in § 3 Abs. 1b Satz 2 und § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG sprechen, die jeweils einen Vorsteuerabzug für die Eingangsleistung voraussetzen.
Allerdings ist eine entsprechende Begrenzung auf "Besteuerung auf den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum" nicht gesetzlich geregelt. Unter Abwägung der Gründe verblieben dem Gericht aber so viele Zweifel, dass eine Aussetzung der Vollziehung geboten erschien.
Hinweis
Die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache muss abgewartet werden (Az. 2 K 180/09), darüber hinaus wird wahrscheinlich die Entscheidung erst auf der Ebene des BFH oder sogar des EuGH fallen.
Sollten die Gerichte zu einem - aus Sicht des Steuerpflichtigen - positiven Ergebnis kommen, würde sich eine "Revolution" im Bereich der Entnahmebesteuerung ergeben. Nicht zu verkennen ist dabei, dass es im Bereich der Besteuerung unentgeltlicher Wertabgaben tatsächlich völlig unterschiedliche Herangehensweisen je nach Art der unentgeltlichen Wertabgaben und eines bei Leistungsbezug vorhandenen Vorsteuerabzugs gibt.
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Beschluss vom 09.06.2009, 2 V 109/09