Leitsatz
Feststellung eines Bedarfswerts bei Übertragung eines mit Wohnungs- und Teilerbbaurechten belasteten Erbbaugrundstücks- nur der Wert des gesamten Erbbaugrundstücks
Sachverhalt
Der Kläger ist neben Vater, Mutter und Schwester neben anderen Familienangehörigen Eigentümer eines Erbbaugrundstücks, welches mit Wohn- und Geschäftsgrundstücken und Tiefgaragen bebaut ist.
Im Grundbuchblatt ist ein Erbbaurecht eingetragen. Die Eltern übertrugen das Grundstück auf den Kläger.
Hinsichtlich der Bewertung wurden vom Finanzamt Bescheide erlassen - hinsichtlich der Übertragung durch den Vater und durch die Mutter.
Den in beiden Bescheiden festgestellten Grundbesitzwert in Höhe von X EUR ermittelte das Finanzamt aus der Summe des über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwertes und der über diesen Zeitraum kapitalisierten Erbbauzinsen. Dabei legte es einen Liegenschaftszinssatz von 3,00% zugrunde.
Der Kläger legte dagegen Einspruch ein. Demnach sei der Liegenschaftszinssatz mit 3% zu niedrig angesetzt worden. Zudem sei bei anderen Wohnungseinheiten ein anderer Zinssatz berücksichtigt worden, obwohl die Objekte vergleichbar seien.
Die Einspruchsentscheidung wurde dahingehend begründet, dass für jede Eigentumswohnung eine Grundbucheintragung getätigt worden sei und die Wohnungen unterschiedlich genutzt würden. Die angesetzten Liegenschaftszinsen ergäben sich aus dem Grundstücksmarktbericht 2014. Danach sei für vermietetes Wohnungseigentum ein Satz von 3,9% und für selbstgenutzte Wohnungen ein Satz von 3% anzusetzen.
In seiner Klage vertritt der Kläger die Auffassung, dass das Grundstück als Übertragungsgegenstand anzusehen ist und bei dessen Bewertung ein einheitlicher Liegenschaftszinssatz anzusetzen ist.
Entscheidung
Das Finanzgericht sieht die Klage als begründet an. Demnach sind die Feststellungsbescheide rechtswidrig; denn das Finanzamt hätte den Wert des gesamten Erbbaugrundstücks feststellen müssen und nicht nur den Wert der einzelnen Wohnungen.
Nach Auffassung des Finanzgerichts wurden auf den Kläger keine Eigentumswohnungen und auch keine Erbbaurechte, sondern das Eigentum an einem Erbbaugrundstück - also an einem Grundstück, welches mit einem Erbbaurecht belastet ist - übertragen.
Dabei ist bei der Übertragung eines Erbbaugrundstücks der Wert des Grundstücks und nicht der Wert der einzelnen Eigentumswohnungen zu ermitteln. Dies ergibt sich auch aus § 176 Abs. 1 BewG, welcher ausdrücklich zwischen Grund und Boden (Nr. 1) und Wohnungserbbaurechten (Nr. 3) unterscheidet, sowie aus den §§ 193, 194 BewG, welche für die Bewertung von Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken eigenständige Bewertungsregelungen vorsehen. Erbbaurecht und Erbbaugrundstück stellen zwei wirtschaftliche Einheiten dar (Halaczinsky, in Rössler/Troll, BewG, § 192 AO Rz. 5).
Hinweis
Die Revision des Klägers wurde vom Finanzgericht - zur Fortbildung des Rechts - zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 30.08.2018, 3 K 653/17 F