Leitsatz
Das Erbschaftssteuergesetz 1997, das am 28.12.1996 in Kraft getreten ist, ist verfassungsgemäß. Die Rückwirkung auf Sachverhalte vor diesem Zeitpunkt steht dem nicht entgegen, weil die Bürger aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 22.06.1995 (BVerfG, Beschluss v. 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BStBl 1999 II S. 671) wussten, dass der Gesetzgeber bis zum 31.12.1996 eine neue gesetzliche Regelung wegen ungleicher Bewertungsmaßstäbe, insbesondere hinsichtlich Immobilien, einführen musste. Wenn ein Vermächtnisnehmer Wertersatz für ein nicht mehr zum Nachlass gehörendes Grundstück erhält, wird die Erbschaftssteuer auf den Nennwert des Geldbetrages bemessen.
Sachverhalt
Der Klägerin wurde in einem Vermächtnis, das in einem Erbvertrag ausgesetzt wurde, mit einem Grundstück bedacht. Das Vermächtnis wurde nicht dinglich abgesichert und das Grundstück nach dem Tode eines Erbvertragsbeteiligten vom anderen veräußert. Der Erbvertrag datiert vom 21.08.1973, das Grundstück wurde im Jahr 1994 verkauft und der Erbfall trat am 20.06.1996 ein. Von dem Erben erhielt die Klägerin eine Geldleistung in Höhe des Verkehrswertes des nicht mehr zum Nachlass gehörenden Grundstückes im Wege einer außergerichtlichen Einigung. Das Finanzamt unterwarf den Abfindungsbetrag in voller Höhe der Erbschaftssteuer. Hiergegen wandte sich die Klägerin, die den niedrigeren Einheitswert der Besteuerung zugrunde legen wollte. Die Klägerin habe als Vermächtnisnehmerin einen Anspruch auf ein Grundstück aus dem Nachlass gehabt, weshalb ihr kein steuerlicher Nachteil daraus erwachsen dürfe, dass das Grundstück erbvertragswidrig veräußert wurde und sie insofern auf einen Wertersatz verwiesen werden konnte. Andererseits sei das Jahressteuergesetz 1997 insofern verfassungswidrig, als es sich auf vorher verwirklichte Sachverhalte rückbeziehe.
Entscheidung
Das Erbschaftssteuergesetz in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20.12.1996 begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Zeitpunkt des Erbfalles war zwar mit dem 20.06.1996 vor Verkündung des Jahressteuergesetzes 1997. Eine echte Rückwirkung ist damit aber nicht gegeben, da im Steuerrecht Steuern stets periodisch veranlagt werden und deshalb eine echte Rückwirkung nur dann angenommen wird, wenn sie für einen Veranlagungszeitraum gelten, der bei der Verkündung der Norm bereits abgelaufen war. Damit liegt eine sogenannte unechte Rückwirkung vor, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes weniger strenge Maßstäbe gelten. Hier kann das Rückwirkungsverbot schon durchbrochen werden, wenn der Betroffene mit einer neuen Regelung rechnen musste (Beschluss des BVerG in BVerfGE 97/67). Da das Bundesverfassungsgericht bereits am 22.06.1995 den Gesetzgeber in einer entsprechenden Entscheidung aufgefordert hat, bis zum 31.12.1996 die alte, verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Erbschaftssteuergesetz zu beseitigen, konnte für die Klägerin vorliegend kein Vertrauensschutz dahingehend begründet werden, dass für sie die alte, günstigere Rechtslage weiter gelten würde. Das Bundesverfassungsgericht hat selbst die Anwendung des alten Rechts auf den 31.12.1995 beschränkt.
Im Übrigen ist auch für eine Grundbesitzbewertung nach dem neuen Erbschaftssteuerrecht kein Raum. Der Grundstücks-Übertragungsanspruch der Vermächtnisnehmerin ist mit dem vertragswidrigen Verkauf des versprochenen Grundstücks untergegangen. An seine Stelle ist ein Anspruch auf Wertersatz getreten, der in einer Geldleistung besteht. Dieser Zahlungsanspruch ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG zu bewerten.
Hinweis
Das knapp begründete Urteil befindet sich in allen Punkten auf der Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die Argumente des Gerichts bieten wenig Angriffsfläche. Steuerpflichtige müssen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes stets bis Ende eines Jahres abwarten, welche Änderungen der Gesetzgeber noch mit Wirkung auf alle Sachverhalte des laufenden Jahres noch in Kraft treten lässt. Trifft der Steuerbürger allerdings Dispositionen, ist ein erhöhter Vertrauensschutz dann gegeben, wenn er mit der Änderung nicht rechnen musste und keine zwingenden Gründe des Allgemeinwohls die Rückwirkung auch in den Dispositionsfällen decken. In Zeiten hektischer Steueränderungsankündigungen, die zum Großteil politisch nicht durchsetzbar sind, ist es oft schwer zu entscheiden, inwieweit Steuerpflichtige überhaupt noch auf den Bestand bestehender Gesetze vertrauen können. Im entschiedenen Fall war die Rechtslage jedoch eindeutig: Durch das Verdikt des Bundesverfassungsgerichtes war die alte Erbschaftssteuerregelung auf den 31.12.1995 begrenzt. Danach ist kein Raum mehr für einen Vertrauensschutz, insbesondere, wenn der Gesetzgeber es schafft, noch vor Ablauf des Jahres die Nachfolgeregelung zu verkünden.
Auch dass die Klägerin mit der Argumentation nicht durchdrang, sie müsste wie bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung behandelt werden, ist nachvollziehbar. Bei einer m...