Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung des Erbschaftsteuergesetzes 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rückwirkung des am 28. Dezember 1996 in Kraft getretenen Jahressteuergesetzes 1997 auf vor Inkrafttreten des Gesetzes verwirklichte Erbschaftssteuerfälle ist nicht verfassungswidrig, da der Bürger in dem Zeitpunkt auf den die Rechtsfolge zurückbezogen wird auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 (2 BvR 552/91, BStBl II 1990, 671), in dem dem Gesetzgeber die Verpflichtung auferlegt wurde, bis zum 31.12.1996 eine neue gesetzliche Regelung wegen ungleicher Bewertungsmaßstäbe zu schaffen, mit der neuen Regelung rechnen musste.
2. Gehört zum Vermächtnis des Erblassers die Übertragung eines Grundstücks, das im Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr zum Nachlass gehört, erfolgt die Bewertung des Wertersatzanspruches des Vermächtnisnehmers mit dem Nennwert.
Normenkette
ErbStG §§ 12, 1 S. 1 Nr. 1, § 37 Abs. 1; BewG § 12 Abs. 1
Streitjahr(e)
1996
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob und in welcher Höhe gegen die Klägerin wegen eines Vermächtnisses nach der im Jahre 1996 verstorbenen C Erbschaftsteuer festzusetzen ist. Die Erblasserin war in zweiter Ehe mit dem leiblichen Großvater der Klägerin, H , verheiratet. Durch Erbvertrag vom 21. August 1973 vereinbarten die Erblasserin und ihr Ehemann, dass die Erblasserin gemäß § 1 dieses Vertrages das Gebäude F-Straße in S der Klägerin als Vermächtnis zu gewähren hat. Eine dingliche Absicherung des Vermächtnisses erfolgte nicht. Nachdem der Großvater der Klägerin bereits im Jahre 1976 verstorben war, verkaufte die Erblasserin das fragliche Grundstück im Jahre 1994. In ihrem Testament vom 18. Januar 1995 setzte sie die drei Kinder Ihres Onkels als Alleinerben ein. Ein Vermächtnis zugunsten der Klägerin war in dem Testament nicht vorgesehen. Nach dem Tode der Erblasserin kam es zwischen der Klägerin und den drei Erben wegen des Vermächtnisses aus dem Jahre 1973 zu außergerichtlichen Verhandlungen, die letztlich damit endeten, dass die Erben, da das vermachte Grundstück nicht mehr zum Nachlass gehörte, an die Klägerin insgesamt 728.057,-- DM aus dem Nachlass bezahlten. Wegen dieser Zuwendung setzte das Finanzamt mit Steuerbescheid vom 16. November 1998 gegen die Klägerin Erbschaftsteuer i.H.v. 94.200,-- DM fest. Als Wert des Vermächtnisses legte das Finanzamt die an die Klägerin ausgezahlte Summe zugrunde. Auf die Steuerberechnung im Steuerbescheid wird verwiesen. Hiergegen erhob die Klägerin, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Einspruch. Sie begründete ihren Einspruch im wesentlichen damit, dass das Finanzamt zu Unrecht den Wert des Vermächtnisses mit der ausgezahlten Summe angesetzt habe. Da das Vermächtnis ursprünglich laut Erbvertrag aus dem Jahre 1973 auf Übertragung des Grundstückes in S gelautet habe, sei auch nur dieser Grundstückswert der Besteuerung zu Grunde zu legen. Dass die Erblasserin entgegen der vertraglichen Regelung mit ihrem Großvater das Haus veräußert habe, dürfe bei der Steuerfestsetzung nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Bei der Steuerfestsetzung sei daher der Einheitswert des Grundstückes, der 45.000,-- DM betragen habe, anzusetzen. Nicht maßgeblich sei die neue Grundstücksbedarfsbewertung, da diese wegen einer vorliegenden verfassungswidrigen Rückwirkung des Gesetzes auf den Erbfall im Juni 1996 keine Anwendung finden dürfe. Zudem seien die durch die außergerichtlichen Verhandlungen betreffend das Vermächtnis verursachten Kosten bei der Steuerfestsetzung wertmindernd zu berücksichtigen.
In der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2000 berücksichtigte das Finanzamt diese zur Erlangung des Vermächtnisses entstanden Kosten i.H.v. 53.276,-- DM und setzte die Steuer dementsprechend auf 86.205,-- DM herab. Im übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Im Klageverfahren verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, das von ihr erhaltene Vermächtnis nicht mit dem Wert der an sie geleisteten Zahlungen, sondern mit dem Einheitswert des Grundstückes in S anzusetzen. Grundlage für den Erbschaftsanfall sei das durch den notariellen Erbvertrag festgelegte Vermächtnis auf Übertragung eines Grundstückes und nicht auf Übertragung von Barvermögen. Aus diesem Grunde sei nicht der Wert des Barvermögens, sondern der Wert des Grundvermögens Bemessungsgrundlage bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer. Erst nach monatelangen Verhandlungen mit den Erben sei man mit diesen übereingekommen, dass der Betrag von 728.057,-- DM als Ausgleich für einen Schadensersatzanspruch aus der Erbmasse an die Klägerin zu zahlen sei. Die Zahlung sei lediglich als Schadensausgleich für das rechtswidrige Vorgehen der Erblasserin akzeptiert worden. Keinesfalls habe sie eine Barzuwendung erhalten wollen, sondern habe ausschließlich Wert auf das Grundvermögen ihrer Großeltern gelegt. Aufgrund dieser Gegebenheiten könne sie bei der Erb...