Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rz. 50
Das Zustandekommen einer stillen Gesellschaft i. S. d. §§ 230–236 HGB erfordert gemäß § 231 Abs. 1 HGB i. V. m. § 231 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB zwingend die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn. Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf eine Beteiligung am Gewinn kann demzufolge nicht ausgeschlossen werden. Das Handelsgesetzbuch beinhaltet allerdings keine Regelungen darüber, wie und in welchem Umfang der stille Gesellschafter am Gewinn des Inhabers des Handelsgeschäfts zu beteiligen ist. Festzuhalten ist allerdings, dass es sich bei der Bedienung der stillen Beteiligung um eine aus dem Jahresüberschuss oder dem Bilanzgewinn zu deckende Verpflichtung handelt, die als Aufwand im Bereich der Ergebnisermittlung zu berücksichtigen ist und nicht dem eigentlichen Begriff der Ergebnisverwendung des § 268 Abs. 1 HGB entspricht.
Rz. 51
Die Höhe der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters am Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers lässt sich unterschiedlich ausgestalten. Im Regelfall wird eine Anteilsquote (vgl. Rz. 22) am Gewinn vereinbart. Der stille Gesellschafter erhält somit entweder einen vorher festgelegten Prozentsatz des Gewinns oder sein Gewinnanteil bestimmt sich nach dem Verhältnis seiner Pflichteinlage zum Vermögen des Unternehmens des anderen. Häufig wird auch vereinbart, dass zunächst jedem Gesellschafter aus dem erwirtschafteten Gewinn eine festgelegte Dividende auf sein Kapital ausgezahlt und der dann verbleibende Gewinn nach einer bestimmten Gewinnverteilungsregel aufgeteilt wird. Die Dividende auf das Kapital des jeweiligen Gesellschafters wird allerdings nur dann ausbezahlt, wenn auch tatsächlich ein Gewinn erzielt worden ist. Sofern dem stillen Gesellschafter jedoch eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesichert wurde, ist diese auch auszuzahlen, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wurde.
Rz. 52
Sehr häufig setzt sich indessen die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters neben einer festen oder quotalen Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft zusätzlich aus einer einmaligen Vergütung – einer sog. Kicker-Komponente – zusammen. Bei dieser handelt es sich üblicherweise um individuelle Ausprägungen der folgenden drei Grundstrukturen:
- Der stille Gesellschafter erhält nach der Auflösung der stillen Gesellschaft eine fest vereinbarte Zusatzvergütung (sog. Non-Equity Kicker).
- Dem stillen Gesellschafter wird nach der Auflösung der stillen Gesellschaft eine Sondervergütung gezahlt, die in ihrer Höhe von der Wertsteigerung des Unternehmens abhängt (sog. virtueller Equity Kicker).
- Es wird vereinbart, dass dem stillen Gesellschafter zu einem späteren Zeitpunkt das Recht zusteht, Gesellschaftsanteile zu erwerben.
Rz. 53
Sofern ein Gesellschafter nicht die Auszahlung seines Gewinns verlangt, erhöht dieser nicht automatisch seine (Pflicht-)Einlage. So wie bei den anderen Personengesellschaften sind stehengelassene Gewinne bei der stillen Gesellschaft grundsätzlich auf einem Fremdkapitalkonto (bspw. dem Darlehenskonto) zu verbuchen. Dies gilt nicht, sofern etwas anderes vereinbart wurde, die Pflichteinlage nicht erbracht wurde oder die Pflichteinlage durch Verluste gemindert ist.
Rz. 54
§ 231 Abs. 1 HGB legt fest, dass der stille Gesellschafter nicht nur am Gewinn, sondern grundsätzlich auch am Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts beteiligt ist. § 231 Abs. 2 Halbsatz 1 HGB sieht allerdings die Möglichkeit vor, im Gesellschaftsvertrag eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auszuschließen.
Rz. 55
Wird im Gesellschaftsvertrag explizit nur die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters geregelt und werden zur Verlustbeteiligung keine eigenständigen Vereinbarungen getroffen, bedeutet dies nicht zwingend, dass die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen ist. Sofern der Anteil des Stillen am (Gewinn und) Verlust nicht geregelt ist, "gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen." Da im Gegensatz zu den anderen Personengesellschaften nicht auf § 709 Abs. 3 BGB verwiesen wird, ist dieser gesetzliche Ergebnisverteilungsmaßstab nicht automatisch anzuwenden. Sollten keine Parteiabreden vorliegen, ist im Einzelfall nach einer Vertragsauslegung zu entscheiden, wie das Ergebnis angemessen zu verteilen ist. Sofern im Gesellschaftsvertrag aber das allgemeine Beteiligungsverhältnis an der Stimmkraft und dem Ergebnis (auch konkludent durch die Festlegung einer Pflichteinlage) vereinbart wurde, gilt diese Anteilsquote i. S. d. § 709 Abs. 3 Satz 1 BGB im Zweifel sowohl für den Gewinn als auch für den Verlust. Soll für den Verlust etwas anderes als für den Gewinn gelten, sollte dies daher explizit geregelt werden.
Rz. 56
Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen über die Ausgestaltung der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters lassen sich vollständig frei gestalten. Dies bedeutet, dass für die Verteilung des Verlusts durchaus andere Bezugsgrößen als bei der Verteilung des Gewinns verwendet werden könne...