Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Herstellungskosten liegen auch vor, wenn es sich um eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung handelt. Ob eine wesentliche Verbesserung vorliegt oder nicht, entscheidet sich weder nach der zeitlichen Nähe zur Anschaffung noch nach der Höhe des getätigten Aufwands, sondern ausschließlich nach den Kriterien des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Eine wesentliche Verbesserung liegt nicht bereits vor, wenn ein Gebäude generalüberholt wird, d. h. Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum anfallen. Ein hoher Aufwand ist kein Indiz dafür, dass eine wesentliche Verbesserung vorliegt, denn auch das Wiederherstellen des ursprünglichen Zustands kann höhere Aufwendungen erfordern.
Eine wesentliche Verbesserung und damit Herstellungskosten sind nur gegeben, wenn die Maßnahmen zur Modernisierung eines Gebäudes in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgehen, den Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich erhöhen und damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird. Von einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts ist z. B. auszugehen, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird.
Bei betrieblich genutzten Gebäuden bzw. Gebäudeteilen kommt es dabei weniger auf Kernbereiche der Ausstattung an, auf die der BFH bei der Prüfung, ob ein Wohngebäude gegenüber seinem ursprünglichen Zustand wesentlich verbessert wurde, maßgebend abgestellt hat, als vielmehr darauf, ob bauliche Veränderungen vor dem Hintergrund der betrieblichen Zielsetzung zu einer höherwertigen (verbesserten) Nutzbarkeit des Vermögensgegenstands führen.
Bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, darf nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abgestellt werden, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst.
3.3.1 Sehr einfacher Wohnungsstandard
Sehr einfacher Wohnungsstandard liegt vor, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale im Zeitpunkt der Anschaffung nur im nötigen Umfang oder in einem technisch überholten Zustand vorhanden sind.
Sehr einfacher Wohnungsstandard
- Das Bad besitzt kein Handwaschbecken.
- Die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest.
- Die Badewanne steht ohne Verblendung frei.
- Das Bad ist nicht beheizbar oder es ist lediglich ein Badeofen vorhanden.
- Die Fenster haben nur eine Einfachverglasung.
- Es ist eine technisch überholte Heizungsanlage vorhanden, z. B. Kohleöfen.
- Die Elektroversorgung ist unzureichend.
3.3.2 Mittlerer Standard
Mittlerer Standard liegt vor, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale durchschnittlich und selbst höheren Ansprüchen genügen.
3.3.3 Sehr anspruchsvoller Standard
Sehr anspruchsvoller Standard liegt vor, wenn bei dem Einbau der zentralen Ausstattungsmerkmale nicht nur das Zweckmäßige, sondern das Mögliche, vor allem durch den Einbau außergewöhnlich hochwertiger Materialien, verwendet wurde (Luxussanierung).
3.3.4 Zentrale Ausstattungsmerkmale
Ob eine Gebrauchswerterhöhung (ein Standardsprung) gegeben ist, bestimmt sich nach Umfang und Qualität folgender zentraler Ausstattungsmerkmale:
- Heizungsinstallation,
- Sanitärinstallation,
- Elektroinstallation,
- Fenster.
Nur wenn ein Bündel von Baumaßnahmen bei mindestens 3 der vorgenannten zentralen Ausstattungsmerkmale zu einer Erhöhung und Erweiterung des Gebrauchswerts führt, hebt sich der Standard des Gebäudes und es liegen insoweit (nachträgliche) Herstellungskosten im Sinne einer wesentlichen Verbesserung vor.
Reine Reparaturarbeiten führen nicht zu einer Erhöhung des Nutzungswerts und damit zu keiner wesentlichen Verbesserung des Wohngebäudes gem. § 255 Abs. 2 HGB, auch wenn sie alle Kernbereiche einer Wohnungsausstattung wie Heizungs-, Elektro- und Sanitärinstallation sowie die Fenster betreffen.
Sanierung in Raten
Aufwendungen für Baumaßnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums sind Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, wenn die Baumaßnahmen zwar für sich gesehen noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung führen, wenn sie aber Teil einer Gesamtmaßnahme sind, die sich planmäßig in zeitlichem Zusammenhang über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt und die insgesamt zu einer Hebung des Standards führt (Sanierung in Raten). Von einer Sanierung in Raten ist grundsätzlich auszugehen, wenn die Maßnahmen innerhalb eines 5-Jahreszeitraums durchgeführt worden sind.