Leitsatz
1. Der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer ein Kfz auch dann unentgeltlich zur privaten Nutzung i.S.v. Nr. 7.4 des BMF-Schreibens vom 8.11.1982 (BStBl I 1982, 814) bzw. Abschn. 31 Abs. 7 Satz 3 Nr. 4 LStR 1990, wenn der Arbeitnehmer das Kfz auf Veranlassung des Arbeitgebers least, dieser sämtliche Kosten des Kfz trägt und im Innenverhältnis zum Arbeitnehmer allein über die Nutzung des Kfz bestimmt.
2. Auch bei Campingfahrzeugen kann es sich um Pkw bzw. Kraftwagen i.S.d. Nr. 7.4 des BMF-Schreibens, BStBl I 1982, 814 bzw. Abschn. 31 Abs. 7 LStR 1990 handeln.
3. Kann der Arbeitnehmer das ihm überlassene Kfz auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen, ist ein zusätzlicher geldwerter Vorteil zu erfassen.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG , § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
Sachverhalt
Die Klägerin baut u.a. Fahrzeuge der A-AG zu Camping- bzw. Wohnmobilen aus, welche die A-AG für den Freizeitbereich anbietet. 1989 beschloss die Klägerin, 15 leitende Angestellte mit entsprechenden Campingfahrzeugen auszustatten.
Die Klägerin bewerkstelligte, dass die Angestellten mit der A-AG Leasing GmbH Leasingverträge zu Großauftragskonditionen abschlossen. Die Angestellten ihrerseits schlossen mit der Klägerin Pkw-Überlassungsverträge ab, in denen die Klägerin sämtliche Verpflichtungen aus den Privat-Leasingverträgen übernahm. Vertragsgemäß entschied die Klägerin zudem z.B. allein darüber, wie die Angestellten die Campingfahrzeuge nutzen durften. Die Klägerin übernahm zudem sämtliche Kosten der Fahrzeuge gegen Nachweis.
Die gegen den LSt-Pauschalierungsbescheid des FA gerichtete Klage der Klägerin hatte insoweit keinen Erfolg. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die Klägerin habe mit der Übernahme der Kosten für die von den Angestellten geleasten Campingfahrzeuge Barlohn geleistet.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung. Im Streitfall sei – entgegen der Ansicht des FA – ein Nutzungswert (Anwendung der 1%-Methode) zu besteuern.
Die einschlägigen Verwaltungsanweisungen zur 1%-Methode seien auch auf Leasingfahrzeuge und auf Campingfahrzeuge anzuwenden.
Aufgrund der von der Klägerin initiierten Vertragskonstruktionen habe die Klägerin wirtschaftlich die Stellung eines Leasingnehmers innegehabt. Die Klägerin habe ihren Angestellten die Nutzungsbefugnis an den Campingfahrzeugen – unentgeltlich – vermittelt.
Die Sache sei jedoch an das FG zurückzuverweisen, da den Feststellungen der Vorinstanz nicht zu entnehmen sei, ob die Angestellten die Campingfahrzeuge auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen konnten. Nach den entsprechenden Verwaltungsanweisungen sei auch insofern ein geldwerter Vorteil zu erfassen und der Lohnversteuerung zu unterwerfen.
Hinweis
Der vorliegende Sachverhalt war noch nach altem Recht (vor der 1996 erfolgten gesetzlichen Regelung der Kfz-Gestellung) zu beurteilen.
Bekanntlich gibt es ab 1996 nur noch zwei Möglichkeiten der Bewertung des privaten Kfz-Nutzungsanteils: entweder der Steuerpflichtige führt für jedes betroffene Fahrzeug ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG 1996) oder es erfolgt zwangsläufig eine Pauschalzurechnung nach § 8 Abs. 2 Sätze 2, 3 und 5 EStG 1996.
Vorher hatte die Verwaltung drei verschiedene Methoden zur Ermittlung des in der privaten Kfz-Nutzung liegenden geldwerten Vorteils als möglich angesehen. In der Besprechungsentscheidung ging es um die Auslegung der sog. 1%-Methode als Verwaltungsregelung.
Hierbei war zu beachten, dass in Verwaltungsanweisungen zugelassene Wertansätze nur auf solche Sachverhalte anzuwenden sind, für die die Anweisungen nach dem Verständnis der Verwaltung gelten sollen. Nach diesem Verständnis kam der BFH im Streitfall (unter Hinweis auf die einschlägigen Verwaltungsregelungen) zu dem Ergebnis, dass sowohl a) geleaste Fahrzeuge als auch b) Campingfahrzeuge von der 1%-Methode erfasst werden sollten. Ob dies ebenso für die Rechtslage ab 1996 zutrifft, ist – auch wenn die jetzige gesetzliche Regelung der damaligen 1%-Methode ähnelt und auf sie zurückgeht – noch offen.
Ebenso wie im BFH, Urteil vom 26.7.2001, VI R 122/98, BFH-PR 2002, 10 (gleichfalls zum alten Recht) war im Streitfall zu klären, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmern den Nutzungsvorteil vermittelt hatte, obgleich die Arbeitnehmer hier (zivilrechtlich) die Leasingnehmer waren. Aufgrund der besonderen Umstände hat dies der BFH vorliegend bejaht mit der Folge, dass die 1%-Methode anzuwenden war.
Geklärt ist, dass die 1%-Methode nicht zum Zug kommt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für dessen eigenen Pkw die Kosten erstattet; in einem solchen Fall liegt kein Sach-, sondern Barlohn vor (vgl. BFH, Urteil vom 6.11.2001, VI R 54/00, BFH-PR 2002, 128).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.11.2001, VI R 62/96