Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Wird für Zwecke der Umsatzsteuer der Privatanteil nach der 1 %-Regelung übernommen, ist der 20 %ige Abschlag für nicht mit vorsteuerbelastete Kosten keineswegs zwingend. Der Unternehmer kann auch einen individuellen höheren Anteil der unbelasteten Kosten nachweisen.
Sachverhalt
Eine aus 4 Anwälten bestehende Sozietät in Rechtsform einer GbR wies je einen Pkw (insgesamt 4) im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter aus. Bei der Umsatzsteuer erklärte die Sozietät für die private Kfz-Nutzung eines Gesellschafters sowohl eine unentgeltliche Wertabgabe als auch eine entsprechend hohe Sonderbetriebseinnahme in Höhe der Umsatzsteuer in der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die unentgeltliche Wertabgabe wurde nach der 1 %-Methode ermittelt, allerdings wurde dieser Wert lediglich mit 64,56 % zum Ansatz gebracht. Die Sozietät hatte nämlich mittels einer Aufstellung "nachgewiesen", dass lediglich 64,56 % der konkret entstanden Pkw-Kosten vorsteuerbehaftet waren. Das Finanzamt wollte für diese Kosten nur den laut BMF-Schreiben (v. 17.2.1999, IV D 1 - S 7102 - 3/99) vorgesehenen 20 %-igen Abschlag berücksichtigen.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Die Umsatzsteuer ist richtigerweise unter Berücksichtigung des konkret berechneten, rechnerisch unstreitigen Abschlags von 35,44 % auf die Kosten des Kfz zu berechnen. Der Entnahmewert des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und die Bemessungsgrundlage für die nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG zu besteuernde unentgeltliche Wertabgabe sind grundsätzlich unabhängig voneinander zu ermitteln. Ist eine solche Ermittlung für einen Teil der festzustellenden Bemessungsgrundlage wie hier konkret zutreffend vorgenommen worden, ist kein Raum mehr für eine pauschale Schätzung. Daher sind die vom Steuerpflichtigen konkret ermittelten Beträge der vorsteuerbehafteten Kosten des betrieblich genutzten Kfz zu Grunde zu legen. Es besteht keine zwingende Verbindung zwischen der dem Unternehmer eröffneten Möglichkeit, sich aus Vereinfachungsgründen für die Bestimmung des privaten Nutzungsanteils des Wertes nach dem EStG zu bedienen, und einem Verbot, im zweiten Schritt hinsichtlich der anzusetzenden Eingangsumsätze bei den Kosten des Kfz die konkreten Werte aus der Buchführung zu übernehmen.
Hinweis
Dass der Ansatz des Wertes nach der 1 %-Regelung für die Umsatzsteuer nicht zwingend ist, sondern lediglich eine von der Finanzverwaltung eingeführte Option darstellt, ist bereits hinreichend geklärt. Das Finanzgericht sieht in der 1 %-Regelung (mit dem 20 %igen Abschlag) allerdings eine zweigeteilte Vereinfachungsregelung, die der Unternehmer jeweils gesondert in Anspruch nehmen kann. Er kann nämlich der Auffassung der Finanzverwaltung folgen und den nach der 1 %-Regelung ermittelten Wert um pauschal 20 % für nicht mit Vorsteuer belastete Kosten vermindern. Alternativ kann er den nach der 1 %-Regelung ermittelten Wert nur nach dem konkret ermittelten Verhältnis der vorsteuerbelasteten und vorsteuerunbelasteten Kosten ansetzen, wie es die Sozietät hier im Streitfall getan hat. Da mittlerweile die Revision vor dem BFH anhängig ist (Az. XI R 32/08), sollte der Privatanteil für Zwecke der Umsatzsteuer in vergleichbaren Fällen entsprechend berechnet werden - sofern dies günstiger ist - und ablehnende Bescheide offen gehalten werden. Der BFH wird wohl konkret entscheiden müssen, ob die 1 %-Regelung für Umsatzsteuerzwecke eine einheitliche Schätzungsmethode darstellt, der von der Verwaltung vorgegebene 20 %-ige Abschlag somit zwingend ist. Unabhängig von eventuellen ertragsteuerrechtlichen Vereinfachungen sollte es für die Umsatzsteuer allerdings auch möglich sein, den Ansatz der unentgeltlichen Wertabgabe ausschließlich anhand der konkret ermittelten vorsteuerbelasteten Kosten als Basis für eine Schätzung zu berechnen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 02.06.2008, 15 K 2935/05