Leitsatz

1. Bescheinigungen ausländischer Investmentgesellschaften über Erträge des Anlegers sind keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Beträge und damit kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

2. Ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von neuen Tatsachen trifft regelmäßig den Steuerberater, der in der Steuererklärung seiner Mandanten keine Angaben zu deren ausländischen Investmentbeteiligungen macht. Denn aus der Anlage AUS und deren Merkblatt ergibt sich, dass Angaben über die Namen der einzelnen Fonds auch dann erforderlich sind, wenn die Höhe der Erträge zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung noch nicht bekannt ist.

 

Normenkette

§ 17, § 18, § 19 Abs. 4 AuslInvestmG, § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2, § 150 AO

 

Sachverhalt

Die Kläger, die in den Vorjahren in ihren Steuererklärungen jeweils Angaben zu einem bestimmten ausländischen Fonds gemacht hatten, unterließen dies in den Streitjahren in der Anlage KAP und der Anlage AUS. Nachdem das FA sie erklärungsgemäß veranlagt hatte und die ESt-Bescheide bestandskräftig geworden waren, beantragten sie unter Vorlage nachträglich erteilter Verlustbescheinigungen des Fonds, die Einkommensteuerbescheide entsprechend zu ändern. Das FA lehnte dies ab.

Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG München, Urteil vom 6.12.2006, 10 K 390/06, Haufe-Index 1683744, EFG 2007, 479).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger zurück.

Zutreffend habe das FG eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen. Die Würdigung des FG, dass die Kläger das nachträgliche Bekanntwerden der negativen Einnahmen aus dem Fonds grob verschuldet hätten, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Senat könne offenlassen, ob die Kläger selbst die Pflicht zur Abgabe einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Steuererklärung grob fahrlässig verletzt hätten. Dafür könnte sprechen, dass sie von ihrer Beteiligung an dem Fonds gewusst hätten und in Anbetracht der Vorjahre es ihnen zudem bekannt gewesen sei, dass der Fonds – auch bei negativen Einnahmen – als "Einkunftsquelle" auf der Anlage AUS hätte angegeben werden müssen. Jedenfalls müssten sich die Kläger die grobe Fahrlässigkeit ihres steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zurechnen lassen. Von Angehörigen der steuerberatenden Berufe müsse verlangt werden, dass sie den Inhalt der Merkblätter kennen und die üblichen Vordrucke beherrschen. Das gelte umso mehr, weil dem Steuerberater der Kläger im Hinblick auf die Vorjahre die Existenz der Beteiligung an dem Fonds bekannt gewesen sei.

Die von den Klägern vorgelegten Bescheinigungen über die Verluste des Fonds seien auch keine rückwirkenden Ereignisse i.S.v. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Denn diese Bescheinigungen seien nicht materiell-rechtliche Voraussetzung zur Berücksichtigung von Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds, sondern nur Beweismittel.

 

Hinweis

1. Der Steuerpflichtige, der in unübersichtliche Kapitalanlagen, etwa in ausländische Fonds, investiert hat (hier noch unter der Geltung des AuslInvestmG), sieht sich bisweilen einer Pflichtenzange ausgesetzt, wenn der Fonds nicht rechtzeitig die für die Steuererklärung notwendigen Angaben liefert. Denn einerseits muss die Steuererklärung termingerecht abgegeben werden, andererseits muss sie aber vollständig und richtig sein. Was ist zu tun, wenn zum vorgeschriebenen Abgabezeitpunkt die Angaben, die nur der Fonds liefern kann, noch nicht vorliegen?

a) Die Pflicht zur vollständigen Abgabe der Steuererklärung ist jedenfalls verletzt, wenn die Kapitalanlage, z.B. die Beteiligung an dem betreffenden Fonds, dem Grunde nach nicht offengelegt wird. Aus der Verpflichtung des § 150 AO, die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen anzufertigen, ergibt sich, dass jeder Steuerpflichtige die Pflicht hat, sämtliche steuerrelevanten Tatsachen vollständig offenzulegen. Sind bestimmte Tatsachen zum Abgabezeitpunkt ungewiss, entbindet dies den Steuerpflichtigen weder von seiner Pflicht zur fristgemäßen noch von der zur vollständigen Erklärungsabgabe. Er hat in diesem Fall auf einen vorläufigen oder auf einen Vorbehaltsbescheid hinzuwirken und darzulegen, warum er zu bestimmten Tatsachen (noch) keine Angaben machen kann. Wenn es unmöglich ist, die Höhe der Einkünfte zu ermitteln, muss er zumindest die Beteiligung in der Anlage AUS angeben und die Höhe der Einkünfte offenlassen oder mit "0" beziffern.
b) Diese Pflicht trifft grundsätzlich den Steuerpflichtigen selbst. Wenn er einen Steuerberater mit der Anfertigung der Steuererklärung beauftragt, hat dieser die entsprechende Pflicht für den Steuerpflichtigen wahrzunehmen.

2. Wird die Steuererklärungspflicht hinsichtlich einer ausländischen Beteiligung nur unzureichend erfüllt, sodass die Beteiligung im Steuerbescheid unberücksichtigt bleibt, und wird sodann der Steuerbescheid bestandskräftig, stellt sich die Frage, ob im Nachhinein noch eine Berichtigung zugunsten des Steuer...

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