BMF, Schreiben v. 18.9.1979, IV B 7 - S 2810 - 7/79
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 18.9.1979, IV B 7 – S 2810 – 7/79 im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur körperschaftsteuerrechtlichen Behandlung der Fälle Stellung genommen, in denen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ihren Bedarf an Eigenkapital durch die Erhöhung der Geschäftsanteile decken und gleichzeitig die Geschäftsguthaben aus Gewinnen des laufenden Geschäftsjahres oder aus offenen Rücklagen auffüllen.
1. Erhöhung der Geschäftsguthaben durch Gewinn des laufenden Geschäftsjahres
Sollen die Geschäftsguthaben durch den Gewinn des laufenden Geschäftsjahres erhöht werden, wird die Ausschüttung dieses Gewinns beschlossen. In dem Beschluß wird unter anderem der Tag der Ausschüttung bestimmt. Das Mitglied verpflichtet sich gegenüber der Genossenschaft, den ausgeschütteten Gewinnanteil zur Erhöhung des Geschäftsguthabens wieder bei der Genossenschaft einzuzahlen. Die gegenseitigen Ansprüche werden in der Weise erfüllt, daß die Genossenschaft den auszuschüttenden Gewinnanteil unmittelbar dem Geschäftsguthaben des Mitglieds gutschreibt.
In diesem Fall liegt eine Gewinnausschüttung der Genossenschaft an ihre Mitglieder vor. Die Genossenschaft hat die Ausschüttungsbelastung im Sinne der §§ 27, 43 KStG herzustellen und Kapitalertragsteuer einzubehalten. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß der Gewinn der Genossenschaft zur Erhöhung der Geschäftsguthaben verwendet wird. Bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist die Summe der Geschäftsguthaben wie Nennkapital zu behandeln (Abschn. 79 Abs. 5 KStR). Die Grundsätze, die für die Wiedereinlage ausgeschütteter Gewinne zur Erhöhung des Nennkapitals von Kapitalgesellschaften entwickelt worden sind (Abschn. 77 Abs. 4 KStR), gelten für Genossenschaften entsprechend.
2. Erhöhung der Geschäftsguthaben aus offenen Rücklagen
In diesen Fällen soll beschlossen werden, die offenen Rücklagen in Geschäftsguthaben umzuwandeln. Eine erfolgswirksame Auflösung der Rücklagen und eine Ausschüttung des hierbei entstehenden Gewinns sind nicht vorgesehen. Eine Verpflichtung des Mitglieds zur Einzahlung auf die Geschäftsanteile wird nicht begründet.
In diesem Fall stellt die Zuführung zu den Geschäftsguthaben bei den Mitgliedern keinen Kapitalertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, weil die Mitglieder hierdurch nicht von einer Verpflichtung zur Einzahlung auf ihre Geschäftsanteile befreit werden (BFH-Urteil vom 21.7.1976, I R 147/74, BStBl 1977 II S. 46). Dementsprechend hat die Genossenschaft für die in Geschäftsguthaben umgewandelten Rücklagen weder die Ausschüttungsbelastung herzustellen noch Kapitalertragsteuer einzubehalten.
§ 41 Abs. 3 KStG ist sinngemäß anzuwenden (§ 43 KStG). Danach gelten Eigenkapitalteile im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 3 und 4 KStG (EK 03 und EK 04) in dieser Reihenfolge als vor den übrigen Eigenkapitalteilen in Geschäftsguthaben umgewandelt.
Die Umwandlung von Rücklagen in Geschäftsguthaben ohne Zufluß bei den Mitgliedern kann jedoch einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO darstellen. Dies ist z.B. der Fall, wenn aus den Geschäftsguthaben innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Erhöhung Zahlungen an die Mitglieder geleistet werden.
Normenkette
KStG § 27
KStG § 43;
KStR Abschn. 77 Abs. 4
KStR Abschn. 77 Abs. 5