Entscheidungsstichwort (Thema)
Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Verfahren ging es um eine Holding-Gesellschaft, die steuerpflichtige Verwaltungsleistungen erbrachte. Sie hatte in einer finanziellen Engpaßsituation Gesellschaftsanteile steuerfrei veräußert, um Bankschulden zu tilgen. Sie begehrte den Abzug der im Zusammenhang mit der Veräußerung angefallenen Vorsteuern, weil es sich hierbei um ein Hilfsgeschäft im Bereich der Finanzgeschäfte gehandelt habe und für die Frage des Vorsteuerabzuges nicht auf den einzelnen Umsatz, sondern auf den weitergehenden Zweck, zu dem die Veräußerung erfolgt ist, abzustellen sei.
Der EuGH hat entschieden, daß die Vorsteuer auf Vorbezüge, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden, nicht abzugsfähig ist, selbst wenn diese Umsätze letztlich steuerpflichtigen Zwecken dienen. Das Urteil entspricht der deutschen Rechtsauffassung.
Beteiligte
Commissioners of Customs & Excise |
Gründe
In der Rechtssache C-4/94
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom High Court of Justice (Queen&';s Bench Division) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
BLP Group plc
gegen
Commissioners of Customs & Excise
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 2der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (Abl. 1967, Nr. 71, S. 1301) und des Artikels 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerplfichtige Bemessungsgrundlage (Abl. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
(Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann, der Richter J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter) und D. A. O. Edward,
Generalanwalt: C. O. Lenz
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der BLP Group plc, vertreten durch David Milne, QC, beauftragt durch die Solicitors Tony Woodgate und Stephen Coleclough,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch John F. Collins, Assistant Treasury Solicitor, als Bevollmächtigten im Beistand von Barrister K. P. E. Lasok,
der griechischen Regierung, vertreten durch Fokion Georgakopoulos, beigeordneter Rechtsberater im Juristischen Dienst des Staates, und Kyriaki Grigoriou, Rechtsberaterin der Eingangsstufe in diesem Dienst, als Bevollmächtigte,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Thomas Cusack und Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Klägerin des Ausgangsverfahrens, der Regierung des Vereinigten Königreichs, der griechischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 8. Dezember 1994,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Januar 1995
folgendes
Urteil
1 Der High Court of Justice (Queen's Bench Division) hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Januar 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABI. 1967, Nr. 71, S. 1301; im folgenden: Erste Richtlinie) und des Artikels 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der BLP Group plc (im folgenden: BLP) und den Commissioners of Customs & Excise (Verwaltung der indirekten Steuern; im folgenden: Commissioners).
3 BLP ist eine Gesellschaft zur Verwaltung finanzieller Beteiligungen, die ihre Dienstleistungen einer Gruppe von Handelsgesellschaften erbringt, die Waren zur Verwendung in der Möbel- und Heimwerkerindustrie herstellen. 1989 erwarb sie das Gesellschaftskapital eines deutschen Unternehmens, der Berg Mantelprofilwerk GmbH (im folgenden: Berg). Da die finanzielle Situation von BLP im Juni 1991 Anlass zur Besorgnis gab, veräußerten ihre Direktoren 95 % der Anteile von Berg. Die aus dem Verkauf erlösten Beträge wurden zur Tilgung der Schulden von BLP verwendet.
4 In ihrer Mehrwertsteuererklärung für den Zeitraum bis 30. September 1991 beanspruchte BLP den Abzug der Mehrwertsteuer, die auf drei Rechnungen für gewerbliche Dienstleistungen gezahlt worden war, die ihr von den Handelsbanken, Rechtsanwälten und Steuerberatern im Zusammehang mit dem Verkauf der Anteile von Berg erbracht worden waren.
5 Da die Commissioners die Auffassung vertraten, daß...