Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 90 Abs. 1

 

Beteiligte

Euler Hermes

Euler Hermes SA Magyarországi Fióktelepe

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága

 

Verfahrensgang

Fővárosi Törvényszék (Ungarn) (Beschluss vom 29.06.2021; ABl. EU 2021 Nr. C 471/20)

 

Tenor

Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 geänderten Fassung sowie der Grundsatz der steuerlichen Neutralität

sind dahin auszulegen, dass

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, wonach die in dieser Vorschrift für den Fall der Nichtbezahlung vorgesehene Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage nicht für einen Versicherer gilt, der im Rahmen eines Versicherungsvertrags für gewerbliche Forderungen dem Versicherten infolge der Nichtbezahlung einer Forderung als Entschädigung einen Teil des Betrags der Bemessungsgrundlage des in Rede stehenden steuerbaren Umsatzes einschließlich der Mehrwertsteuer zahlt, obwohl gemäß diesem Vertrag jener Teil der Forderung und alle damit verbundenen Rechte an diesen Versicherer abgetreten wurden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtisches Stuhlgericht, Ungarn) mit Entscheidung vom 29. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 5. August 2021, in dem Verfahren

Euler Hermes SA Magyarországi Fióktelepe

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Euler Hermes SA Magyarországi Fióktelepe, vertreten durch T. Fehér und P. Jalsovszky, Ügyvédek,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, R. Campos Laires, S. Jaulino und J. Ramos als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sipos und V. Uher als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 (ABl. 2010, L 189, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) in Verbindung mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der steuerlichen Neutralität und der Effektivität.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Euler Hermes SA Magyarországi Fióktelepe, einer Gesellschaft ungarischen Rechts, und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága (Rechtsbehelfsdirektion der nationalen Steuer- und Zollverwaltung, Ungarn) wegen eines Antrags auf Verminderung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”.

Rz. 4

Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Als ‚Steuerpflichtiger’ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.”

Rz. 5

Art. 63 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Steuertatbestand und Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird.”

Rz. 6

Art. 66 dieser Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

„Abweichend von den Artikeln 63, 64 und 65 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen zu einem der folgenden Zeitpunkte entsteht:

  1. spätestens bei der Ausstellung der Rechnung;
  2. spätestens bei der Vereinnahmung des Preises;
  3. im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten Ausstellung der Rechnung binnen einer bestimmten Frist spätestens nach Ablauf der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 222 Absatz 2 gesetzten Frist für die Ausstellung der Rechnung oder, falls von den Mitgliedstaaten eine solche Frist nicht gesetzt wurde, binnen einer bestimmten Frist nach dem Eintreten des Steuertatbestands.

Die Ausnahme nach Absatz 1 gilt jedoch nicht für Dienstleistungen, für die der Dienstleistungsempfänger nach Artikel 196 die Mehrwertsteuer schuldet, und für Lieferungen oder Verbringungen von Gegenständen gemäß Artikel 67.”

Rz. 7

Art. 73 der ...

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