Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktion einer Gutschrift als Rechnung
Leitsatz (redaktionell)
Die Entscheidung befaßt sich mit der Frage, ob eine Gutschrift als Rechnung betrachtet werden kann und ob ein in der Gutschrift ausgewiesener Steuerbetrag, der gemessen an den ausgeführten Umsätzen überhöht ist, vom Gutschriftempfänger geschuldet wird.
Der EuGH hat entschieden, daß eine vom Leistungsempfänger ausgestellte Gutschrift als Rechnung betrachtet werden kann, wenn sie die für die Rechnung vorgeschriebenen Angaben gemäß Artikel 22 der 6. EG-Richtlinie enthält. Widerspricht der Gutschriftsempfänger nicht dem in der Gutschrift ausgewiesenen überhöhten Steuerbetrag, schuldet der Empfänger diese überhöhte Steuer nach Artikel 21 Nr. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie.
Das Urteil bestätigt die deutsche Rechtslage (§ 14 UStG).
Beteiligte
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
„Mehrwertsteuer – Auslegung der Artikel 21 Nummer 1 Buchstabe c und 22 Absatz 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG – Dokument, das als Rechnung betrachtet werden kann – Vom Käufer ausgestellte Gutschrift, der der Verkäufer hinsichtlich der Höhe der in ihr ausgewiesenen Steuer nicht widersprochen hat”
In der Rechtssache C-141/96
betreffend ein dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EG-Vertrag vom Bundesfinanzhof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Finanzamt Osnabrück-Land
gegen
Bernhard Langhorst
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 21 Nummer 1 Buchstabe c und 22 Absatz 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), J. L. Murray und L. Sevón sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, C. Gulmann, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch, P. Jann, H. Ragnemalm und M. Wathelet,
Generalanwalt: P. Léger
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ridley, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte und durch Barrister S. Lee,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater J. Sack als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der deutschen Regierung, vertreten durch E. Röder, der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos, beigeordneter Rechtsberater im Juristischen Dienst des Staates, und A. Rokofyllou, Sonderberaterin des beigeordneten Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ridley und Barrister S. Richards, und der Kommission, vertreten durch J. Sack, in der Sitzung vom 15. April 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Mai 1997,
folgendes
Urteil
1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 14. März 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 29. April 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 21 Nummer 1 Buchstabe c und 22 Absatz 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt Osnabrück-Land (im folgenden: Finanzamt) und Herrn Langhorst, in dem es darum geht, ob Herr Langhorst den Mehrwertsteuerbetrag schuldet, der in einer von einem Kunden ausgestellten Gutschrift ausgewiesen ist und dem er nicht widersprochen hat, obwohl dieser Betrag höher ist als der aufgrund von steuerpflichtigen Umsätzen geschuldete Betrag.
Die Sechste Richtlinie
3 In Artikel 21 Nummer 1 Buchstaben a und c der Sechsten Richtlinie heißt es:
„Die Mehrwertsteuer schuldet
1. im inneren Anwendungsbereich
- der Steuerpflichtige, der einen steuerpflichtigen Umsatz bewirkt, mit Ausnahme der in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e) genannten Umsätze, die von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht werden …,
- …
- jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist …”
4 Ferner sieht Artikel 22 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie folgendes vor:
„a) Jeder Steuerpflichtige hat für Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die er an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt, eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument auszustellen und ein Doppel dieser Dokumente ...